Alles Porno oder was?

3 minuten Lesezeit . Written by Sabine Fisch

Alles Porno oder was?

Sie wissen alles über Sex, nichts überrascht sie und Pornos schauen sie sich sowieso fast täglich an. So oder so ähnliche Meinungen kursieren über Jugendliche in den Medien. Besonders heftig wird derzeit das Thema „Pornographie“ unter Jugendlichen diskutiert. Und es stimmt wohl: Noch nie war der Zugang zu expliziten sexuellen Inhalten für Kinder und Jugendliche so einfach. Im Internet reicht es etwa häufig einfach einen Button „Ich bin über 18 Jahre alt“ anzuklicken und schon öffnet sich die Pornowelt.

Eine Umfrage der ZDF-Medienforschung kam vor kurzem zu dem Ergebnis, dass immerhin fast 36 Prozent der Jungen und zehn Prozent der Mädchen zwischen 16 und 18 Jahren bereits Pornos im Internet gesehen haben. Für Österreich gibt es keine aktuellen Daten. Es ist also durchaus kein kleines Problem.

Immer bereit, immer geil

Was aber ist nun das Problem? Zum einen sollte endlich darüber gesprochen werden, was Pornographie eigentlich bedeutet, nichts weniger nämlich, als ein völlig verzerrtes Bild von Frauen und Männern. Was wird dargestellt: Sex ist immer geil, immer gut, immer befriedigend. Die Frauen und Männer in den Videos haben perfekte Körper, bei denen sehr häufig chirurgisch nachgeholfen wurde.

Die Männer in den Filmen können immer und sie können stundenlang. Die Frauen sind immer bereit, machen sämtliche Stellungen mit und lassen sich liebend gerne erniedrigen. Und diese Bilder sehen Jugendliche, die meist selbst noch gar keine Erfahrung mit Sexualität haben, die unzureichend aufgeklärt sind und die nur wenig Ahnung über die Vorgänge in ihrem eigenen Körper haben.

Falsche Bilder

Das ist problematisch. Denn die Bilder in Pornofilmen haben erstens mit der Realität so viel zu tun, wie das Bild eines Brathuhns in einem Kochbuch mit einer richtigen Mahlzeit. Zweitens werden unsere Denkprozesse und Vorstellungen natürlich auch von Medien geformt. Wer bereits als Jugendlicher mit Pornographie konfrontiert ist, bekommt also auch vollkommen abstruse Ansichten über Männer und Frauen serviert; und das in einer Zeit, in der man/frau sowieso sehr leicht zu beeindrucken ist.

Es ist gut, über Sexualität zu reden. Es ist gut und wichtig, zeitgemäß und ohne falsche Moralvorstellungen aufzuklären, Informationen zu bieten, die nachvollziehbar und fassbar für Jugendliche sind. Über eine Beschränkung des Pornographiekonsums unter Jugendlichen nachzudenken, ist daher kein Rückfall in eine rigide Sexualmoral. Es ist vielmehr der Sorge um junge Menschen geschuldet, die - noch bevor sie ihre ersten eigenen Erfahrungen mit Sexualität machen können - mit Bildern und Szenen überfrachtet werden, die ihre eigenen Vorstellungen von Sexualität maßgeblich prägen können.

Enttäuschte Fantasien

Und dann ist das Scheitern vorprogrammiert. Nicht nur wird in Pornofilmen ein falsches Bild von Männern, Frauen und Sexualität vermittelt. Kein Mensch aus Fleisch und Blut hat immer Lust auf Sex, mag jede Stellung und kann eine Erektion stundenlang aufrecht erhalten.

Wenn der erste Sex dann tatsächlich nur fünf Minuten dauert, weil der männliche Part so aufgeregt über die Tatsache ist, zum ersten Mal mit einem Mädchen/Jungen zu schlafen, dass allein diese Tatsache sofort zum Orgasmus führt; und wenn Mädchen nicht quasi automatisch beim Eindringen des Penis in die Scheide einen beispiellosen Höhepunkt erlebt - ist die Enttäuschung vorprogrammiert.

Mehr Achtsamkeit

Schon klar: Es ist schwer, den Medienkonsum junger Menschen zu kontrollieren. Unmöglich ist es nicht. Hier sind zum einen Eltern gefragt, die sich für das, was ihre Kinder tun, interessieren, Gespräche führen und - auch unangenehme - Fragen beantworten. Da ist zum anderen endlich ein zeitgemäßer Aufklärungsunterricht an den Schulen gefordert, der sich nicht nur auf die biologischen Funktionen bezieht.

Aber auch die Medien sind hier in die Pflicht zu nehmen - und das gilt für Pornographie ebenso wie für Schlankheitswahn und „Schönheitsoperationen“ - auch Medien haben eine Verantwortung gegenüber Jugendlichen, und die sollten sie wahrnehmen. Das beginnt beim nackten Busen auf Seite 3 der Kronenzeitung und endet bei triefend moralinsauren Artikeln zum Thema Pornographie im deutschen Nachrichtenmagazin der Spiegel.

Jugendlichen einen guten Zugang zu Sexualität zu ermöglichen erfordert eben mehr als biologische Aufklärung und lächelndes Laissez-faire. Es fordert Verantwortung der Erwachsenen, das Wahrnehmen von Bedürfnissen und das gemeinsame Gespräch.

Ceterum censeo: Pornographie sollte verboten werden.