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Hypoandrogenismus und metabolisches Syndrom
Das metabolische Syndrom ist eine häufig vorkommende Stoffwechselstörung mit einer steigenden Zahl an Betroffenen. Hyperkalorische Ernährung, sitzender Lebensstil und genetische Komponenten mit der Folge der Zunahme des Bauchfettes (viszerale Adipositas) spielen für die zunehmende Häufigkeit eine entscheidende Rolle.
Aber auch weniger beachtete Ursachen wie Gewichtszunahme durch die Einnahme von Psychopharmaka können das Auftreten des metabolischen Syndroms fördern. Die Häufigkeit des metabolischen Syndroms liegt in der erwachsenen Bevölkerung bei zumindest 20 Prozent.
Die einzelnen Komponenten des metabolischen Syndroms sind definiert, fünf werden für die Definition heran gezogen , wobei als Regel gilt: Mindestens drei von fünf Komponenten müssen vorhanden sein, um ein metabolisches Syndrom diagnostizieren zu können:
1. Viszerale Adipositas mit Bauchumfang von
> 94 cm für Männer und > 80cm für Frauen
2. erhöhter Blutdruck
3. erhöhte Serum-Triglycerid-Spiegel
4. erniedrigtes HDL-Cholesterin und
5. gestörte Glukosetoleranz oder Diabetes mellitus.

Hypogonadismus und Adipositas
Bereits 1999 wurde der Hypogonadismus-Adipositas Zyklus beschrieben, der den Zusammenhang zwischen starkem Übergewicht und erniedrigten Testosteronspiegeln aufzeigte. In mehreren Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass männliche Patienten mit metabolischem Syndrom überproportional häufig auch an einer sexuellen Störung (Dysfunktion) leiden. Nach exakter diagnostischer Abklärung wurde klar, dass die Ursache für diese Dysfunktion in vielen Fällen ein erniedrigter Testosteronspiegel war.

Das HAM-Syndrom
Die Kombination aus metabolischem Syndrom und niedrigen Testosteronspiegeln (Hypoandrogenismus), die im Überlappungsbereich einen Anteil von in etwa 33 Prozent zeigt, wird als HAM-Syndrom (HypoAndrogenes Metabolisches Syndrom) bezeichnet.

Guter Prognoseparameter
In einer finnischen Studie wurde die Rolle des Testosteronspiegels als Vorhersage-Parameter für das Auftreten von metabolischem Syndrom und Diabetes mellitus innerhalb eines Zeitraumes von elf Jahren beschrieben. Niedrige Testosteronspiegel zu Beginn des Beobachtungszeitraumes haben die Entwicklung von metabolischem Syndrom und Diabetes mellitus vorhergesagt.

Symptome und Ursachen
Niedrige Testosteronspiegel verursachen Beschwerden wie: Müdigkeit, herabgesetzte Muskelkraft und Abnahme der Muskelmasse, Zunahme des Bauchfettgewebes, Stimmungsschwankungen und Störungen der Sexualität
Folgende Zusammenhänge des Testosteronmangels mit Adipositas und metabolischem Syndrom werden diskutiert:
1. Erhöhte Leptinspiegel. Leptin ist ein Hormon, das im Fettgewebe gebildet wird. Auch im Hoden sind „Andockstellen“ (Rezeptoren) für Leptin vorhanden. Leptin bindet an bestimmte Stellen im Hoden und hemmt direkt die Testosteron-Sekretion in den Leiydig Zellen.
2. Hemmung der Hormonproduktion im Hoden durch Substanzen aus dem Bauchfettgewebe wie Interleukine und TNF Alpha.
3. Gesteigerte Umwandlung (Aromatisierung) von Testosteron zu Östradiol im Bauchfettgewebe (viszeralem Fettgewebe)
Zusammenfassend sprechen alle diese Untersuchungen für eine entscheidende Rolle des Fettgewebes bei der Regulation der Androgene bei Männern.

Statine und totales Testosteron
Ein anderer sehr interessanter Aspekt ist der mögliche Zusammenhang zwischen niedrigen totalen Testosteronspiegeln und Statineinnahme (Medikamente zur Senkung des Cholesterinspiegels). Der Mechanismus dahinter ist die verminderte Verfügbarkeit von Cholesterol für die Synthese der Hormone. Da ein hoher Anteil von Männern mit metabolischem Syndrom Statine einnimmt, muss dieser Zusammenhang berücksichtigt werden.

Eigene Studienergebnisse
In einer eigenen Studie konnten wir den Zusammenhang zwischen Parametern des metabolischen Syndroms mit Testosteronspiegeln bestätigen. Das Ziel dieser Untersuchung war die Häufigkeit von Hypogonadismus bei männlichen Typ 2 Diabetes-Patienten unter Insulintherapie und guter metabolischer Kontrolle festzustellen. 87 männliche Patienten, im Alter zwischen 40 und 75 Jahren nahmen an der Studie teil. Hypogonadismus wurde definiert als totaler Testosteronspiegel von <2.31 ng/dl und grenzwertiger Hypogonadismus wurde definiert als totaler Testosteronspiegel zwischen 2.32-3.45 ng/dl.
Die Häufigkeit des Hypogonadismus lag bei 38 Prozent. Patienten mit niedrigeren Testosteronspiegeln hatten auch niedriges HDL-Cholesterin, erhöhte Triglyzeridspiegel, waren dicker und hatten einen höheren HbA1c-Wert als Ausdruck der schlechteren Blutzuckereinstellung.

Testosteron-Substitution
Die Indikation für eine Testosteron-Behandlung wird unterschiedlich bewertet. Während günstige Effekte auf Insulinresistenz, Knochenstoffwechsel, die Körperzusammensetzung, das Befinden und auf die Sexualität berichtet werden, konnten bis jetzt günstige Auswirkungen auf Herzkreislauf Erkrankungen und auf die Sterblichkeit nicht bestätigt werden.

Empfehlung für die Praxis
Zusammenfassend wird festgestellt, dass die Bestimmung von männlichen Hormonen (Androgenen) bei Männern mit Diabetes mellitus und Beschwerden wie Müdigkeit, herabgesetzter Muskelkraft und Abnahme der Muskelmasse, Zunahme des Bauchfettgewebes und Störungen der Sexualität einen wesentlichen Beitrag zur umfassenden Therapie des Diabetes mellitus und dessen Folgen leisten kann.
