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Univ.-Prof. Dr. Johannes Bitzer

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Wir präsentieren Persönlichkeiten, deren Einsatz und Innovationsgeist das Gebiet der Sexualmedizin maßgeblich beeinflussen.

Diese Woche: Univ.-Prof. Dr. Johannes Bitzer. Der Sexualmediziner und Gynäkologe genießt - vor allem wegen seiner ganheitlichen Beschäftigung mit dem Thema weibliche Sexualität - international ein hohes Ansehen. Seine Abteilung am Krankenhaus Basel setzt sich umfassend mit Sexualität, Problemen und Erkrankungen in diesem Zusammenhang auseinander. Bitzer ist Autor mehrerer Bücher zu den Themen weibliche Sexualität und ist weltweit ein gefragter Vortragender auf Kongressen und Tagungen.

Wer ist Johannes Bitzer?

Geboren am 26. Februar 1950, verheiratet mit Claudia, drei erwachsene Kinder. Gesellig, gutmütig, beruflich ehrgeizig und immer noch sehr neugierig auf das Leben.

Was interessiert Sie an Sexualität und Erkrankungen?

Sexualität ist das Paradebeispiel für Körper-Geist-Beziehungszusammenhänge, und das hat mich schon immer brennend interessiert. Meiner Meinung nach wird auf diesen Zusammenhang in der Medizin immer noch zu wenig geachtet. Dabei haben diese Zusammenhänge große Bedeutung, gerade für die Frauenheilkunde. Wenn eine Frau beispielsweise unter einer Scheidenpilzinfektion leidet, so stellt dies für die Medizin eine einfach zu behandelnde Erkrankung dar. Für die betroffene Frau aber kann ein solcher Infekt massive Auswirkungen auf ihre Sexualität, ihre Ängste und ihre Partnerbeziehung haben. Diese Dimensionen sollten immer gemeinsam gesehen werden.

Was sind Ihre beruflichen "Lieblingsthemen"?

Mich beschäftigen am meisten Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, besonders bei jungen Frauen, weil das ein zunehmend größer werdendes Problem darstellt, für das wir bis dato keine einfachen Lösungen haben. Mein zweites großes Thema ist die Sexualität älterer Menschen, ein Thema, das ja nach wie vor gerne unter den Teppich gekehrt wird.

Was ist für Sie in Ihrer täglichen Arbeit besonders wichtig?

Für mich soll die medizinische Dienstleistung, die wir tagtäglich erbringen ihre Menschlichkeit behalten. Das gilt nicht nur für unsere Patientinnen, sondern auch für meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mir ist es sehr wichtig, im Team zu arbeiten. Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen sich wohl fühlen, denn nur dann können sie auf die Patientinnen eingehen.

Welche Probleme sehen Sie in der Medizin?

Die zunehmende Spezialisierung und Technisierung in der Medizin sehe ich problematisch, weil dabei die „Soft Skills“, wie Kommunikation, Empathie und Beratungskompetenz immer mehr auf der Strecke bleiben. Diese Fähigkeiten werden nicht im gleichen Maß weiterentwickelt, wie die technischen Möglichkeiten. Das ist sehr schade, weil nur diese Fähigkeiten es ermöglichen, auf die Patientin einzugehen, Problemen ein offenes Ohr zu leihen und mit ihr gemeinsam Lösungsmodelle zu erarbeiten.

Wie wird sich die Sexualität in den nächsten zehn Jahren verändern?

Der mediale und kulturelle Umgang mit Sexualität in der heutigen Zeit erschreckt meiner Ansicht nach viele Menschen, und durchaus nicht nur ältere Menschen. Ich denke, es wird eine gegenläufige Entwicklung zur derzeitig scheinbar so öffentlich zelebrierten Sexualität geben. Die Menschen werden sich einen geschützten Raum für ihre Sexualität schaffen wollen. Das könnte natürlich - etwas pessimistischer gesehen - auch wieder zu einer restriktivieren Sexualmoral führen.

Weiters glaube ich, dass Sexualität in Zukunft verstärkt auch unter medizinischen Aspekten gesehen werden wird. Sexuelle Gesundheit wird im Gesundheitssystem eine wichtigere Rolle spielen und mehr in die medizinische Versorgung aufgenommen werden.

Wohin wird sich die Sexualmedizin in den nächsten zehn Jahren entwickeln?

Die Sexualmedizin wird sicherlich eine deutliche Weiterentwicklung in Richtung Integration von Paar- und Sexualtherapie erfahren. Gleichzeitig werden aber wohl auch die Erkenntnisse der Neurobiologie im Hinblick auf die Sexualität eine wichtige Rolle spielen.

Was macht Johannes Bitzer, wenn er nicht arbeitet?

Ich treibe gerne Sport, wie etwa schwimmen und laufen. Früher habe ich sehr gerne Fußball gespielt. Ich lese leidenschaftlich gerne und spiele Klavier.

Lieblingsfarbe?

Tiefblau

Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?

Pensioniert, glücklich zu Hause. Ich wollte immer schon gerne Romane schreiben. Vielleicht klappt das ja dann.

Autor

Sabine Fisch (März 2010)