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Kopf der Woche: Ingrid Mack

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Diese Woche stellen wir eine Pionierin im Bereich der etwas anderen Erotik-Läden vor. Die gebürtige Oberösterreicherin Ingrid Mack eröffnete 1994 in Wien Österreichs erstes Kondomfachgeschäft. Zehn Jahre später folgte das erste österreichische Erotikfachgeschäft für Frauen und alle, die Frauen lieben. Lesen Sie hier über ihre Beweggründe, über Verantwortung und eine besondere Geschäftsphilosophie.

Wer ist Ingrid Mack? Zur Person.

Ich wurde 1965 in Wels geboren. Seit vier Jahren bin ich verheiratet und habe einen zwölfjährigen Stiefsohn.

Eigentlich bin ich gelernte Restaurantfachfrau und war zwölf Jahre lang in diesem Bereich tätig. Vor 16 Jahren habe ich mich mit Condomi, dem ersten österreichischen Kondomfachgeschäft selbständig gemacht. 2004 folgte das erste österreichische Erotikfachgeschäft für Frauen und alle, die Frauen lieben. Zuerst hieß es „Separee“, mittlerweile habe ich den Namen in „Liebenswert“ geändert. Beide Geschäfte sind in Wien.

Warum beschäftigen Sie sich mit Sexualität und Erkrankungen?

Meine beste Freundin war 1987 eine der allerersten, die sich mit HIV infizierte. Ich habe daher alle Diskussionen über diese damals „neue Krankheit“ intensiv miterlebt. Daraus entstand die Idee, ein Kondom-Geschäft zu eröffnen, in dem das Thema Verhütung und AIDS-Prophylaxe auf unkomplizierte Weise aufgegriffen wird. Ich wollte damit einem breiten Publikum ermöglichen, Sexualität verantwortungsvoll, ohne Risiko und dennoch lustvoll zu erleben. Ich wollte auch zeigen, dass der Gebrauch von Kondomen abwechslungsreich sein kann und das Kondom von seinem damaligen „Schmuddelimage“ befreien. So bin ich in dieses Thema hineingewachsen, meinen Mitmenschen zu mehr „Liebesfreuden“ zu verhelfen.

Welches sind Ihre Lieblingsthemen?

Mein besonderes Augenmerk liegt darin, Frauen aus ihrem „Dornröschenschlaf“ wach zu küssen, ihnen zu einer erfüllten Sexualität zu verhelfen. So entstanden unsere „Sextalks“ die von Frau Mag. Sandra Gathmann geleitet werden. In diesen Workshops sind mittlerweile auch Paare willkommen. Es ist herrlich mit anzusehen, wie sich dabei die Beziehungen und damit die sexuellen Einstellungen verändern können.

Was ist Ihnen in Ihrer Arbeit besonders wichtig?

Das Allerwichtigste ist für mich die Beratung und der offene Umgang mit mitunter schwierigen Themen. Die Frauen, die unser Geschäft besuchen, haben oft einen langen Leidensweg hinter sich und so müssen wir gefühlvoll und einfühlsam individuell auf jede eingehen können. In meinen Geschäften beschäftige ich daher seit einigen Jahren nur noch Frauen, die bereits eine soziale Ausbildung mit einbringen, oder sich in diesem Bereich weiterbilden wollen. Ich selbst mache zurzeit eine dreijährige Ausbildung zur Lebens- und Sozialberaterin, zur Sexualpädagogin.

Wo sehen Sie nach wie vor große Probleme?

Eines der größten Probleme ist sicherlich die Unfähigkeit, über Bedürfnisse uns Wünsche zu reden. Weder passiert das in der Beziehung, noch suchen Frauen, Männer und Paare professionelle Hilfe auf, wenn sie sexuelle Probleme haben. Der starke Einfluss der Medien übt ebenso einen enormen Druck auf alle Generationen aus.

Wie wird sich die Sexualität in den kommenden zehn Jahren entwickeln?

Ich befürchte, dass die Parallelwelten von zügelloser sexueller Überschwemmung einerseits und Sprachlosigkeit anderseits zu einer noch größeren Kluft in jedem Einzelnen führen können. Alles muss schnell gehen, alles soll sofort funktionieren. Sex ist ein Konsumgut. Ich denke, dass der Beruf des Sexualtherapeuten/der Sexualtherapeutin und des Sexualpädagogen/der Sexualpädagogin an Bedeutung gewinnen wird. Wünschenswert wäre, wenn es solche Hilfe auch auf Krankenschein gäbe – denn die Liebe, die Eigenliebe und das Ausleben der Sexualität sind ein wichtiger Gesundheitsfaktor.

Was ist Ihr Lieblingsbuch zum Thema Sexualität?

Ulrich Clement: „Guter Sex trotz Liebe - Wege aus der verkehrsberuhigten Zone“ - Hier lernt man alles, was eine Beziehung zum Glücklichsein braucht.

Was ist Ihr privates Lieblingsbuch?

Ulja Kratwald, Christine Li: „Der Weg der Kaiserin“ – Es stärkt jede Frau und gibt ihr Selbstbewusstsein.
Und das Folgebuch von Ulja Krautwald: „Die Geheimnisse der Kaiserin“ – Hier geht es um fernöstliche Strategien für Frauen.

Was tut Ingrid Mack, wenn sie nicht arbeitet?

Ich arbeite viel und gerne. Am liebsten Sonn- und Feiertags. Ich bin stets getrieben, Brücken zu bauen und Klischees zu brechen. Zurzeit arbeite ich an „Viva la Vulva“, einem Projekt, das Frauen die Möglichkeit geben soll, andere Vulvae zu betrachten und zu vergleichen. Ich möchte etwas gegen den Genitalverstümmelungswahn tun! Heute werden plastische Operationen angeboten, weil Frauen glauben, nicht dem Idealbild zu entsprechen. Und sie opfern mit so einer „Schönheits-OP“ oft ihre sexuelle Empfindsamkeit!

Ich betreibe aber auch sehr gerne Sport und schwimme für mein Leben gern. Zwei bis drei Mal pro Woche gehe ich deshalb ins Fitnessstudio. Außerdem bin ich eine leidenschaftliche Gärtnerin und koche sehr, sehr gerne.

Was ist Ihre Lieblingsfarbe und warum?

Pink und rosarot. Erstens stehen mir die Farben gut und ich kleide mich gern darin. Sie machen glücklich und geben Power! Zweitens liebe ich diese Farben schon seit meiner Kindheit, und finde auch, dass sie ein gutes Gemisch aus vielen Farben sind.

Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?

Ich mache die Ausbildung zur Sexualpädagogin, weil ich in zehn Jahren meine Geschäfte nur noch als zweites Standbein sehe. Ich bin dann 55 und möchte in meiner zweiten Lebenshälfte nicht mehr jeden Tag im Geschäft stehen. Vielleicht schreite ich dann nur noch als Supervisorin ein und eine oder zwei Frauen führen die Läden als Geschäftsführerinnen weiter. Ich selbst möchte mich mehr und mehr der Beratung widmen.

Autor

Mag. Christiane Moser (Mai 2010)