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Weg vom Machtkampf - hin zum Verständnis

Die Imago-Paar-Therapie ist eine sehr junge Methode der Beziehungstherapie. Sie zielt darauf ab, Paaren zu helfen ihren Machtkampf zu beenden, den PartnerInnen zu zeigen, wie sie einander ihre tiefsten Sehnsüchte erfüllen und dabei gleichzeitig selbst wachsen können. Sie paart analytisches Wissen mit Methoden der Transaktionsanalyse, der Gesprächs-, Verhaltens-, Gestalt- und systemischen Familientherapie. Der Therapeut ist als Coach des Prozesses tätig, die Heilung unerledigter Kindheitsverletzungen erfolgt durch die PartnerInnen gegenseitig in verschiedenen Prozessen, den „Imago-Dialogen“.

Beziehung heilt Individuen

Der von Dr. Harville Hendrix mit seiner Frau Helen Hunt und StudentInnen in den 1980er Jahren in den USA entwickelte Ansatz der Beziehungstherapie bringt einen Paradigmenwechsel im Verständnis von Ehe- und Paar-Therapie. Harville Hendrix sieht „Beziehung“ als die grundlegende Natur des Menschen. Anders als bei Freud, der um das psychische Heil der Individuen bemüht hoffte, dass sich die Beziehungen besser gestalten, ist Harville Hendrix’s Idee die Beziehungen zu heilen, dann würden auch die Individuen heilen. Die Prinzipien der Imago-Beziehungstherapie hat Harville Hendrix in zwei Büchern dargelegt: „Getting the Love You Want” („Soviel Liebe wie du brauchst”, Renate Götz Verlag, 2009) und „Keeping The Love You Found” („Ohne Wenn und Aber”, Renate Götz Verlag, 2008).

Imago und Sex

Da Paargespräche in Form des „Imago-Dialoges“ viel Sicherheit geben, lassen sich gerade sexuelle Probleme mit Hilfe des Imago-Dialoges besonders gut besprechen und behandeln. Tammy Nelson hat in ihrem Buch „Getting the Sex you want“ („Der Sex meiner Träume – mit dem Imago-Dialog zu mehr Leidenschaft“, Renate Götz Verlag, 2008) ein Programm für die Entfaltung der sexuellen Beziehung in einer festen Liebesbeziehung auf Imago-Basis zusammengestellt. Ihr Grundgedanke: Gelingt es einem Paar über Sex zu sprechen, kommen auch in Langzeitbeziehungen Leidenschaft und gegenseitiges Verlangen zurück.

Theoretische Grundlagen

Wir Menschen sind in intimen Beziehungen (Eltern-Kind) verletzt worden und können in intimen Beziehungen (intime, feste Liebesbeziehung) geheilt werden.

Traditionell ist die heilende Beziehung die Klienten-Therapeuten-Beziehung. In „Imago“ wird die intime feste Liebesbeziehung und die intime Liebe als heilende Beziehung gesehen und Paare werden gelehrt, eine heilende Beziehung zu leben.

Geprägt durch die eigene Lebensgeschichte, vor allen aber durch die Kindheit wählen wir einen ganz bestimmten Partner bzw. Partnertyp, durchleben mit ihm die romantische Liebe, schlittern in einen zermürbenden Machtkampf und trennen uns – innerlich oder offen für alle sichtbar durch Scheidung. Auf diesem Weg sind wir reaktiv und intuitiv Angst vermeidend unterwegs – die unbewusste Beziehung.

Gelingt es uns, uns unsere Prägung aus der Kindheit zu erkennen und unser eigenes jetziges Handelns zu verstehen, können wir reaktive und intuitive vermeidende Verhaltensmuster durch Muster ersetzen, die uns selbst, unseren Partner und unsere Beziehung entwickeln lassen. Dies bedarf eines bewussten Vorgehens, denn unbewusst sind wir immer vermeidend unterwegs. Es bedarf der Bereitschaft sich Ängsten zu stellen, und das geht durch bewusstes Handel.

Phasen einer festen Liebesbeziehung: Phasen der unbewussten Beziehung:

• die kindliche Entwicklung
• Partnerwahl und die romantische Liebe
• der Machtkampf
• innere oder äußere Scheidung

Üblicherweise gestalten Paare ihre Beziehungen von der Phase der Verliebtheit über die Phase des Machtkampfes bis zum Ende – der inneren oder äußeren Scheidung – unbewusst, auch wenn sie der Meinung sind, sie würden bewusst an ihren Beziehung arbeiten.

Schutz- und Überlebensmuster

Jeder Mensch – der eine mehr, der andere weniger – wird in seiner Kindheit „verletzt“. Kindererziehung ohne Schrammen ist selbst bei den besten Eltern nicht möglich. Diese „Verletzungen“ können durch reale seelische (z.B. Abwertung, Vorwürfe, Drohungen) oder auch körperliche Pein (z.B. Schläge, Misshandlungen), durch Mangel (z.B. an Zuhören, Wertschätzung, Zuwendung) oder nicht phasenadäquates Elternverhalten entstehen. Damit Kinder mit solchen für sie belastenden Situationen besser umgehen können, entwickeln sie unbewusst „Schutz- und Überlebensmuster“. Dazu kommen noch Entwicklungsdefizite oder ungünstige Prägungen hervorgerufen durch diese „Verletzungen“. Diese „Schutz- und Überlebensmuster“, die den Kindern zwar helfen, in der Zeit der Kindheit besser „durchzukommen“, sind jedoch im Erwachsenenalter beziehungsmäßig „tödlich“. Denn „Schutz- und Überlebensmuster“ sind von ihrer Natur her für die „Umgebung“ „gefährlich“. Diese reagiert mit ihren „Schutz- und Überlebensmustern“, woraus sich zwischen den Partnern ein „Tanz der Schutzmuster“ entwickelt, der dazu führt, dass sich die Partner gegenseitig immer mehr „gefährlich“ erleben. Dieser Tanz wird unbewusst aus dem Stammhirn gesteuert, jenem Zentrum im Gehirn, das für die automatisch ablaufenden Reaktionen zuständig ist, wenn „Gefahr“ erkannt wird.

Imago - was ist das?

„Imago“ ist ein bereits von C.G. Jung geprägter und von Sigmund Freud verwendeter Begriff und bezeichnet jenes Menschenbild, welches sich in einem Kind aufgrund seiner primären Bezugspersonen formt. Dieses beeinflusst alle unsere Beziehungen, besonders aber unsere Liebesbeziehungen.
Das „Imago“ ist die Summe der positiven und negativen Charaktereigenschaften unserer Eltern. Unbewusst wählen wir einen Partner/eine Partnerin, die/der unserem „Imago“ gleich kommt, mit besonderem Gewicht auf den negativen Charaktereigenschaften. Mit diesem Menschen fallen wir – unbewusst – in eine romantische Liebe und geben diesem – ebenfalls unbewusst – den Auftrag, das abzuschließen, was die Eltern in der Kindheit offen ließen.

Im Hormonrausch der romantischen Liebe gelingt es uns dem Auftrag nachzukommen. Geht aber der Hormonrausch der romantischen Liebe zu Ende, müssen wir enttäuscht feststellen, dass uns der Partner/die Partnerin das wieder nicht gibt, was er/sie uns versprochen hat. Dies tut er/sie nicht, weil er/sie bösartig ist, sondern deswegen, weil er/sie - und zwar aufgrund seiner/ihrer, den Eltern ähnlichen negativen Eigenschaften dazu nicht im Stande ist. Es fehlt ihm schlicht der dazu nötige Persönlichkeitsteil. Dieser ist bedingt durch Ereignisse in der Kindheit entweder nicht ausgebaut oder abgespalten. Und aus demselben Grund geben auch wir unserem Partner/unserer Partnerin das nicht, was er/sie so dringend braucht.

Der Machtkampf

Bekommen wir das von unserem Partner/unserer Partnerin wieder nicht, was wir in der Kindheit nicht bekommen haben, so erleben wir den Partner/die Partnerin als Feind. Wir erleben den Partner/die Partnerin als „gefährlich“, reagieren intuitiv mit unseren „Schutz- und Überlebensmustern“, sind so für den Partner/die Partnerin gefährlich, dieser/diese reagiert auch intuitiv auf uns mit seinem/ihrem „Schutz- und Überlebensmuster“… So entspinnt sich und eskaliert ein oft sehr erbittert geführter Machtkampf, an dessen Ende entweder die innere oder die offene Scheidung steht. Doch in der nächsten Beziehung läuft’s ähnlich ab, da wir uns ja nur vom Partner/von der Partnerin getrennt haben, nicht aber von unseren Mustern.

Phasen der „bewussten Beziehung“:

• Sich selbst vornehmen, die „bewusste Beziehung“ zu leben
• Lernen (theoretische Grundlagen von Beziehungen und der Gebrauch der „Imago-Werkzeuge“)
• Neues tun - sich entwickeln durch konsequentes Anwenden der „Imago-Werkzeuge“ (mehr und mehr das Hier-und-jetzt aus der Geschichte/Kindheit verstehen)
• „Wiederverlieben“ (bewusst Freude, Lebendigkeit und Leidenschaft in der Beziehung leben)
• „Wahre Liebe“ (ein neues miteinander „Schwingen“)

Die „bewusste Beziehung“ – der Ausweg aus dem Machtkampf

Das schreckliche Ende „Scheidung“ (innerlich und äußerlich) kann vermieden werden, wenn wir uns als Person entwickeln und innerlich wachsen, um dem Partner/der Partnerin das geben zu können, was er/sie nie bekommen hat, aber dieses genau deswegen so notwendig von uns braucht. Wenn wir uns der eigenen reaktiven, disfunktionalen „Schutz- und Überlebensmustern“ bewusst werden, können wir auch bewusst neue funktionale Muster lernen. Wir müssen bereit sein, uns „gefährlichen“ Situationen zu stellen, also diese nicht vermeiden. Das geht aber nur, wenn wir das auch bewusst wollen und tun. Wir müssen weiters bereit sein bzw. lernen, in „gefährlichen“ Situationen auf die üblichen „Schutz- und Überlebensmuster“ zu verzichten um so neue Erfahrungen mit unserm Partner/unserer Partnerin zu machen. Dies gelingt ebenfalls nur, wenn wir bewusst handeln. In der „bewussten Beziehung“ lernen wir für Sicherheit zwischen uns und unserem Partner/unserer Partnerin zu sorgen. Wenn es sicher ist, hat Nähe, Freude Lebendigkeit und Leidenschaft wieder Platz in der Beziehung. In der Praxis zeigt sich, dass auch Freude, Lebendigkeit und Leidenschaft bewusst in der Beziehung gepflegt oder bewusst wieder aufgebaut werden müssen.

Jede Anstrengung, die wir auf uns nehmen, um in „gefährlichen“ Situationen nicht reaktiv mit „Schutzmustern“ zu reagieren, führt zu persönlichem „Wachstum“ – zur Stärkung der eigenen psychosozialen Fähigkeiten.

Ziel ist die Auflösung symbiotischer Bedürfnisse und symbiotischen Handelns der Partner und die Entwicklung zweier eigenständiger Menschen, deren Bindung nicht mehr dadurch besteht, dass jeder den anderen/die andere braucht, sondern deren Bindung die gegenseitige Faszination ist. Unterschiede (im Denken, Handeln, Sichtweisen, Wünschen, etc.) werden nicht mehr angstbesetzt sondern positiv anregend wahrgenommen. Die PartnerInnen können auf die Bedürfnisse des/der anderen bedingungslos eingehen aber auch die eigenen Bedürfnisse artikulieren.

Imago - die Praxis

„Imago-Beziehungsarbeit“ für Paare hat zwei große Ziele: Sicherheit und Leidenschaft.

Mit dem „Imago-Dialog“ machen wir’s sicher in der Beziehung, mit dem „Wiederverlieben“ bringen wir bewusst Freude, Lebendigkeit und Leidenschaft in die Beziehung.

Vermittelt wird „Imago“ in Imago-Paar-Therapie-Sitzungen (ein Paar mit einem Imago-Therapeuten) und in Imago-Paar-Workshops.

Der „Imago-Dialog“

Das „Hauptwerkzeug“ in der Praxis ist der „Imago-Dialog“, eine strukturierte Form der Kommunikation, die reaktives („gefährliches“) Verhalten unterbinden und so für Sicherheit sorgen soll. Es gibt einen „Sender“ und einen „Empfänger“, die über eine gewisse Zeit eines Gespräches gleich bleiben. Im ersten Schritt – dem „Spiegeln“ – sagt der „Sender“, was er zu sagen hat, der „Empfänger“ „spiegelt“ (wort-wörtliches Wiederholen des Gehörten). Am Ende fasst der „Empfänger“ nochmals zusammen, was er gehört hat. Im zweiten Schritt – dem „Gelten-lassen und Verstehen“ versucht der „Empfänger“ die Welt aus den Augen des „Sender“ zu sehen, und teilt dem „Sender“ mit, was er aus dieser Sicht verstanden hat. Im dritten Schritt – dem „Einfühlen“ – versucht der „Empfänger“ die Gefühlswelt des „Senders“ zu erfassen und sagt dem „Sender“, was er (der „Empfänger“) spürt, wie sich der „Sender“ fühlen könnte.

Das bedarf einer bewusst wertschätzenden Haltung dem anderen und sich selbst gegenüber. Vorwürfe, Kritik und Beschämungen sind zu unterlassen (sie machen’s „gefährlich“), stattdessen sind Wünsche direkt zu äußern und Wertschätzungen auszutauschen.

Paare, die ihre Reaktivität beherrschen, können nach einer kurzen Lernphase diesen „Imago-Dialog“ selbst anwenden. Ist die Reaktivität zu groß, sollte ein Imago-Paar-Therapeut/eine Imago-Paar-Therapeutin aufgesucht werden. Der Therapeut/die Therapeutin leitet das Gespräch, welches das Paar nach den Regeln des „Imago-Dialoges“ führt, d.h. der Therapeut/die Therapeutin ist lediglich der Coach des Prozesses.

„Wieder-Verlieben“

Freude, Lebendigkeit und Leidenschaft in einer Beziehung aufflammen zu lassen und am Leben zu erhalten bedarf strategischen und bewussten Vorgehens. Hier sind der Kreativität des Paares kaum Grenzen gesetzt. Z.B. bewusst täglich dem andern eine Freude bereiten, Dinge tun, die Spaß machen, etc. und natürlich Sex.

Steigern der sexuellen Leidenschaft mit „Imago“

„Dauerhafte Leidenschaft beginnt mit einer guten Kommunikation“ (Tammy Nelson). Der „Imago-Dialog“ ist ein wirkungsvolles Werkzeug, um in einer Partnerschaft sicher über Sexualität zu sprechen. Diese Struktur bietet die Möglichkeit, die tiefsten Wünsche und Phantasien zu entdecken und auszutauschen. Damit wird der Grad an Intimität erhöht, die liebevollen Gefühle zu einander wachsen und Leidenschaft kann sich entfalten.

Bleibt noch, bewusst die Wünsche und manche Phantasien zu erfüllen, bzw. wirklich werden zu lassen.

Das Buch „Der Sex meiner Träume“ bietet ein umfangreiches Programm mit aufeinander aufbauenden Übungen sowohl für die Kommunikation über Sex als auch für die Praxis eines bereichernden Sexuallebens.

Imago-Paar-Therapie

In der Imago-Paar-Therapie arbeitet ein Imago-Paar-Therapeut/eine Imago-Paar-Therapeutin mit einem Paar. Der Imago-Paar-Therapeut/die Imago-Paar-Therapeutin leitet das Gespräch, welches das Paar nach den Regeln des „Imago-Dialoges“ führt, d.h. der Therapeut/die Therapeutin ist lediglich Coach des Prozesses. Das Paar lernt, die aktuellen Themen der Beziehung konstruktiv zu bearbeiten und dabei die tieferen Mechanismen der Beziehung zu verstehen.

Der Imago-Paar-Workshop „Soviel Liebe wie du brauchst“

In konzentrierter Form wird Theorie und Praxis von „Imago“ vermittelt. In Live-Demonstrationen und Übungen erfahren die TeilnehmerInnen die verbindende und heilende Wirkung dieser Arbeit mit dem Partner/der Partnerin. Obwohl diese Präsentationen mit anderen Paaren in einer größeren Gruppe erlebt werden, wird Persönliches nur mit dem/der eigenen Partner/Partnerin besprochen. Geprüfte und zertifizierte Workshop-Presenter garantieren Vertraulichkeit und Sicherheit. Der Imago-Paar-Workshop ist keine Therapie, ergänzt diese aber wirkungsvoll.

Bücher und Websites zum Weiterlesen

Die Imagobücher von Dr. Harville Hendrix:

Für Paare: “So viel Liebe wie du brauchst”, Renate Götz Verlag

Für Singles: “Ohne wenn und aber”, Renate Götz Verlag

Für Eltern: “So viele Liebe wie dein Kind braucht”, Renate Götz Verlag

„Imago“ und Sex von Tammy Nelson: „Der Sex meiner Träume – Mit dem Imago-Dialog zu mehr Leidenschaft“, Renate Götz Verlag

Links:

Imago Relationships International: www.imagotherapy.com

Imago in Österreich und Deutschland: www.imagoaustria.at

Imagobücher Renate Götz Verlag: www.rgverlag.com

Die Website des Autors dieses Beitrags: www.myimago.at

Autor

Mag. Erwin Jäggle (August 2010)