Penisverlängerung: Traum und Wirklichkeit
„Laut einer großen italienischen Studie halten 68 Prozent aller Männer ihren Penis für zu kurz“, sagt Univ.-Doz. Dr. Andreas Jungwirth, Urologe und Androloge in Salzburg. Viele – meist wenig seriöse Anbieter – machen sich diese männliche Unsicherheit zu Nutze: Auf nur wenigen Gebieten scheint es so viele unseriöse – und zum Teil auch gefährliche – Angebote zu geben wie beim Thema „Penisverlängerung“. Allerdings klaffen subjektive Wahrnehmung und medizinische Sicht der Dinge hier stark auseinander.

Was ist ein zu kleiner Penis?
„In der Medizin sprechen wir dann von einem ,Mikropenis’, wenn das Glied im eregierten Zustand nicht mehr als 6cm misst“, sagt Jungwirth. Ein solcher Mikropenis ist fast immer das Resultat einer Hormonstörung. Davon zu unterscheiden ist der sogenannte „vanished penis“ (verschwundener Penis), ein Phänomen, das nicht selten bei sehr dicken Buben auftritt: Der Penis (der durchaus normal groß sein kann) „verschwindet“ dann optisch in der Fettmasse des Schamhügels.
Das weitaus häufigere Problem scheint jedoch eine Art von Realitätsverzerrung zu sein. Jungwirth: „Viele Männer, vor allem aber Jugendliche, orientieren sich in ihren Vorstellungen von der ,richtigen’ Penisgröße an pornographischen Filmen und dergleichen. Dort werden aber zumeist Männer mit überdurchschnittlich großen Penissen gezeigt. Das führt dann eben dazu, dass viele meinen, ihr eigenes Glied sei einfach zu klein.“

Viele unseriöse Angebote
Es ist – in Anbetracht dieser Situation – nicht allzu verwunderlich, dass unseriöse Geschäftemacher hier einen Markt sehen, ein Feld, das vor allem mit den Möglichkeiten des Internet fleißig beackert wird. Wer zum Beispiel bei bestimmten Anbietern einen E-Mail-Account hat, kann damit rechnen, täglich eine gewisse Zahl an Spam-Mails mit Angeboten zur „Penisverlängerung“ zu erhalten. Wer diesen Begriff in Google eingibt, erhält über 43.000 Ergebnisse, verwendet man das englische „penis enlargement“, so erhält man schlanke 3,65 Millionen Treffer.
Das Rezept, das hier zur Anwendung kommt, ist ebenso einfach wie perfid. Zunächst wird in all diesen Werbetexten versucht, das Minderwertigkeitsgefühl des Mannes ob seines angeblich zu kleinen Penis maximal zu steigern. Dazu gibt es Geschichten von Männern, deren Frauen sich wegen eines angeblich zu kleinen Penis scheiden ließen – man fragt sich unwillkürlich, ob man irgendjemanden kennt, dem so etwas passiert sein könnte –, und dergleichen mehr.
Und dann wird der mittlerweile am Boden zerstörte Mann mit dem „rettenden Angebot“ konfrontiert, das natürlich seinen Preis hat, aber dafür „garantiert“ in wenigen Wochen eine Verlängerung und Verdickung des Penis um jeweils viele Zentimeter verspricht.

"Es ist alles net wahr..."
Nur leider: „Es is alles net wahr“, wie schon Johann Nestroy wusste. Eine der (kaum in Österreich, aber z.B. sehr häufig in Italien) angebotenen Methoden, die Implantation körpereigenen Fettgewebes in den Penis, zeitigt laut Jungwirth häufig katastrophale Ergebnisse. „Meist endet es damit, dass sich das implantierte Fett an einer Stelle, oft an der Basis des Penis, sammelt, was nicht nur keine Verlängerung des Glieds ergibt, sondern zudem auch noch schrecklich aussieht“, erklärt der Facharzt.
Andere Angebote wie Injektionen oder Tabletten mit den verschiedensten, meist pflanzlichen Wirkstoffen sind im günstigsten Fall wirkungslos, immer aber mit enormen Kosten verbunden. „Auch von solchen Kuren kann ich nur abraten“, sagt Jungwirth.
Eine weitere Methode, ebenfalls eine Operation, die übrigens auch in Österreich angeboten wird, ist die Durchtrennung des oberen Aufhängebands des Penis, des sogenannten „Ligamentum suspensorium penis“. Dieses Band ist so etwas wie die Befestigung des Penis am Schambein und sorgt dafür, dass der eregierte Penis etwas nach oben schaut und eine gewisse mechanische Stabilität aufweist. Wird nun dieses Band chirurgisch durchtrennt, so gewinnt der Penis, der dann weiter nach unten hängt, zwar optisch (jedoch nicht real) an Länge, aber das hat seinen Preis. Jungwirth: „Erstens muss man klar sagen, dass der Penis bei dieser Operation nicht länger wird. Es lässt sich damit also auch kein tieferes Eindringen in die Vagina der Partnerin erreichen. Vielmehr verliert der Penis durch die Durchtrennung dieses Bandes an Stabilität, was von vielen Männern als sehr störend und unangenehm beim Geschlechtsverkehr beschrieben wird. Auch von dieser Methode ist daher unbedingt abzuraten.“

Penisstreckung mit Expandern
„Die einzige Methode, für die es eine gewisse Zahl von seriösen wissenschaftlichen Studien gibt, ist eine Streckung des Penis mittels eigens dafür konstruierter Geräte, sogenannter Penis-Extender“, erläutert Jungwirth. „Dabei handelt es sich um eine rein mechanische Streckung des Bindegewebes.“ Die Hersteller dieser Gerätschaften sprechen von Verlängerungen bis zu 4 cm, Jungwirth geht eher von 2 bis 3cm aus. Dieses Ergebnis sei jedoch in der Regel dauerhaft, und die (wenigen) Patienten, die er selbst kenne und die diese Methode angewandt haben, seien recht zufrieden gewesen. Ein Zusatzvorteil dieser Methode besteht darin, dass starke Penisverkrümmungen damit – wenigstens zum Teil – auf nicht-operativem Weg korrigiert werden können.
Vorstellen muss man sich die Sache so, dass man den Penis-Extender täglich sechs bis acht Stunden tragen muss. Kann man damit normal gehen und arbeiten? „Naja, unbequem ist das wahrscheinlich schon“, warnt Jungwirth. Bei konsequenter Anwendung wird dann in gewissen Zeitabständen die Streckung am Gerät verstärkt. Nach einigen Monaten kann man eine mäßige Verlängerung des Penis erwarten. „Wie schnell sich hier ein messbarer Erfolg einstellt, hängt davon ab, wie viele Stunden täglich man das Gerät trägt“, sagt der Androloge. Bei sechs bis acht Stunden pro Tag seien schon nach ein bis zwei Monaten messbare Ergebnisse zu erwarten.
„Nebenwirkungen sind bei dieser Methode nicht zu erwarten“, sagt Jungwirth. Die Kosten für einen solchen Penis-Extender liegen bei etwa 200 bis 300 Euro.
Vakuumpumpen erfüllen übrigens nicht den gleichen Zweck. Jungwirth: „Mit solchen Pumpen erreicht man im Wesentlichen nur eine stärkere Durchblutung des Glieds, was hilfreich bei Erektionsstörungen ist. Eine Verlängerung des Penis ist dadurch aber nicht zu erwarten.“

Notabene
Für einen befriedigenden Geschlechtsverkehr reicht eine Penislänge von wenigen Zentimetern aus. Die Vagina ist nämlich nur auf einer Länge von rund 2 cm am Eingang mit Nerven versorgt. Um also bei der Partnerin für Lustempfinden bei der Penetration zu sorgen, reicht der durchschnittliche Penis vollkommen aus. Und Riesenpenisse, wie sie in Pornofilmen gerne gezeigt werden, machen den meisten Frauen nicht Lust – sondern Angst.
