Psycho-sozio-kulturelle Ursachen von Sexualstörungen bei der Frau
Ich konnte zu Beginn meiner Arbeit als Sexualtherapeutin nicht verstehen, warum meine Patientinnen immer hören wollten, ihr Sexualproblem werde durch eine Erkrankung verursacht. Ich ging immer davon aus, dass Menschen Erkrankungen fürchten, weil durch sie der Körper ja manchmal unwiederbringlich verändert wird – und damit auch die gewohnte Art, Sexualität zu leben.
Wenn auf dem Überweisungsschein meiner Patientinnen als Diagnose »psychisch bedingte Sexualstörung« steht, sind sie oft sehr beschämt. Auch habe ich den Eindruck, dass sich die Frauen schuldig fühlen, weil ihre Psyche nicht so richtig »funktioniert« und sie dadurch das gewohnte Liebesleben mit ihrem Partner zerstören.

Ängste der Patientinnen
- Sie haben große Angst, dass ihre Partnerschaft in die Brüche gehen könnte, dass ein Teil ihres Selbst etwas anderes macht, als sie bewusst möchten.
- Sie wollen einfach so sein wie alle anderen, nämlich »normal«.
- Sie wissen nicht, warum ihre »Psyche« eine Sexualstörung auslöst und warum diese Störung es auf der körperlichen Ebene schafft, die Sexualfunktion zu verhindern.
- Sie erleben fast immer, dass ÄrztInnen, wenn sie »organisch nichts finden«, ihnen mitteilen, ihr Problem sei psychisch bedingt.
- Sie beginnen zu fantasieren, was in ihrer Vergangenheit oder Gegenwart Schlimmes passiert sein könnte, das dieses Phänomen erklären würde.
Meistens höre ich: »Meine Kindheit war ganz normal« oder »Mein Partner ist wie immer«. Doch ich spüre ihre unterschwellige Angst davor, etwas könnte ans Tageslicht kommen, was die Stabilität der Beziehung und damit das Familienleben zerstören könnte. Sie fürchten, dass sie ihr Leben verändern müssen, um »gesund« zu werden, und das wiederum erleben sie als äußerst bedrohlich.

Sich schuldig fühlen
Die Frauen wissen also zum einen nicht, weswegen und wie ihre Psyche Sexualstörungen verursacht, zum anderen nicht, wie SexualtherapeutInnen arbeiten. Wenn in dieser von Unsicherheit geprägten Atmosphäre die/der SexualtherapeutIn die Frau bittet, den Partner mitzubringen, ohne ihr vorher zu erklären, warum Psyche und Körper ein Sexualproblem erzeugen können, wird die Angst der Frau möglicherweise noch größer. Denn meistens fühlt sie sich ohnehin schuldig und in den meisten Fällen teilt ihr Partner diese Meinung, nicht aus Gemeinheit, sondern weil sie die Symptomträgerin ist und auch er nicht weiß, wie ein psychisches Problem eine Sexualstörung verursachen kann.
Oft wissen die Frauen außerdem auch, dass ihr Partner fürchtet, der eigentlich »Schuldige« zu sein – und diese unangenehme Dynamik wollen sie sich und ihm ersparen.
Schuld hat auf der Suche nach den Ursachen aber keinen Platz. Wer sich schuldig fühlt, fühlt sich unterlegen und verteidigt sich, was wiederum beim Partner eine Gegenreaktion auslöst. Beide begeben sich, ohne es zu wollen, auf eine Kampfebene und lassen zu, dass ihre Partnerschaft aufgerieben wird.
Wenn wir verstehen, warum und wie unsere Psyche Symptome erzeugt, können wir die Situation bzw. unser Verhalten so verändern, dass unser Körper diese Symptome nicht mehr erzeugen muss. Also weg von der Schuldfrage und hin zum Wissen.

Wie wir geprägt werden
- Wahrscheinlich schon vor unserer Geburt, sicher ab dem Tag unserer Geburt speichert unser Gehirn via Sinne alle Informationen, jede Erfahrung, die wir machen, ab. Das Leben auf der Welt ist uns zuerst einmal fremd und wir brauchen Informationen darüber, was uns nutzt und was uns schadet, damit wir im Leben zurechtkommen.
- Wir lernen am Muster unserer engsten Bezugspersonen, wie viel Nähe erwünscht wird, wie viel Zärtlichkeit ertragen und wie viel Hautkontakt gepflegt wird.
- Wir erleben, wie sehr auf unsere Bedürfnisse eingegangen wird und wie sehr wir zu uns stehen dürfen, ohne bestraft zu werden.
- Wir haben Vorbilder, die uns zeigen, wie Liebespaare sich zueinander verhalten oder wie »richtige« Frauen und Männer sich zu benehmen haben.
- Wir erfahren, dass wir für manche Dinge anerkannt und für andere abgelehnt werden.
- Wir fühlen uns geborgen oder lernen schnell, auf uns selbst gestellt zu leben.
- Unsere Vorbilder zeigen uns, wie man Konflikte löst, mit Worten oder mit Gewalt.
- Wir erleben, dass unsere Grenzen respektiert werden oder wissen gar nicht, was es heißt, eine Privatsphäre zu haben.
- Wir sehen in den Augen unserer Eltern, ob sie es ertragen können, dass wir sexuelle Wesen sind. Wir dürfen zeigen, dass wir mit allen Sinnen gerne eine Frau sind, aber nicht die vorgeschriebene Frauenrolle spielen wollen. Wir dürfen lieben wen wir wollen, gleichgültig ob Frau oder Mann, und werden respektiert oder auch nicht.
- Wir lernen zu sagen, was uns verletzt und was wir lieben.
- Wir dürfen enttäuschen, ohne die Liebe zu verlieren, oder auch nicht.
Welche auch immer unsere prägenden Erlebnisse waren, wir mussten lernen, mit ihnen umzugehen und das für uns Beste daraus zu machen. Lösungen und in der Folge Lösungsstrategien, die im Säuglingsstadium und von da an kontinuierlich gebraucht, gesucht und gefunden wurden, sind im Gehirn als passend abgespeichert worden und werden im späteren Leben automatisch als Antwort abgerufen.
Ein kleines Kind will für das, was es ist, geliebt, anerkannt und gelobt werden. Wenn es die Erfahrung macht, dass es mit seinen Bedürfnissen nicht willkommen ist oder damit seine Eltern irritiert, wenn es durch Liebesentzug oder körperliche Gewalt bestraft wird, dann muss es eine Lösung finden, um das zu vermeiden. Seine Erfahrung zeigt ihm, dass es eher anerkannt wird, wenn es sich den Bedürfnissen der Eltern unterwirft, und eher abgelehnt wird, wenn es zu seinen Bedürfnissen steht.
Es ist für fast jedes Kind unerträglich, von den Eltern abgelehnt zu werden. Ein Kind geht erst dann durchgehend in Opposition, wenn es resigniert, wenn es den Eindruck hat, dass es keinen Unterschied macht, ob es sich anpasst oder nicht, bzw. wenn es das Gefühl hat, so oder so nicht angenommen und geliebt zu werden.
In der Regel wird sich das Kind jedoch lieber anpassen, um geliebt zu werden, auch um den Preis, seine eigenen Bedürfnisse verleugnen zu müssen. Es wird diese »Entweder-oder-Lösungsvariante« so lange beibehalten, bis es damit keine passende Antwort mehr findet. Das kann die »alten« Ängste wecken und dadurch inneren Stress und Gefühle der Zerrissenheit hervorrufen.

Beispiel
Eine 43-jährige Lehrerin kam wegen ihrer sexuellen Lustlosigkeit gemeinsam mit ihrem Mann in meine Praxis. Ihr Partner wünschte sich jeden Abend Sex, da es für ihn die schönste Art sei, Spannungen abzubauen. Die Frau wurde im Kleinkindalter von einer Pflegefamilie aufgenommen und hatte ständig das Gefühl, ihre »Ersatzeltern« nicht enttäuschen zu dürfen, weil diese sie sonst wieder weggeben würden. Sie wurde deshalb fleißig, brav und gehorsam und ihre Pflegeeltern waren stolz auf sie.
Mit 17 lernte sie ihren heutigen Mann kennen, heiratete ihn bald, sie bekamen nacheinander drei Kinder und bauten ein Haus. Während all dieser Zeit stand für sie fest, dass sie ihren Mann, der jetzt ihre Familie war, nie enttäuschen durfte. Sie schlief jeden Abend mit ihm, außer wenn sie krank war, obwohl sie durch Arbeit, Kinder und Hausbau oft so erschöpft war, dass sie kein Bedürfnis nach Sex hatte.
Die Versuche, ihm zu sagen, dass ihr nicht nach Sex war, waren so zaghaft, dass er sie gar nicht registrierte. Nach und nach sträubte sich ihr Körper immer mehr dagegen. Sie war sehr beunruhigt, weil sie merkte, dass es ihrem Mann nicht behagte, auf sein allabendliches Ritual zu verzichten, und verzweifelte immer mehr, weil sie keinen Weg sah, ihren Mann zufriedenzustellen und zugleich auf ihre eigenen Bedürfnisse zu achten.
Schließlich dachte sie sogar daran, sich umzubringen. Dieser Gedanke erschreckte sie jedoch so sehr – sie wollte doch auf keinen Fall das Leben ihrer Kinder zerstören –, dass sie mit ihrem Mann über die Situation sprach. Sie beteuerte, gerne mit ihm zu schlafen, doch sie fürchte, krank zu sein, weil sie aus unerklärlichen Gründen keine Lust mehr auf Sex habe. Beide hofften, dass ich eine Erkrankung als Ursache finden würde. Diese solle dann behandelt werden und alles würde wieder wie früher sein.

Wie wurde aus psychischem Stress Lustlosigkeit?
Die Patientin lebte nach dem Muster: »Nur wenn ich meine Ersatzeltern nicht enttäusche, behalte ich meine Familie und verliere nicht ihre Liebe und Anerkennung.« Als sie mit ihrem Mann eine Familie gründete, erfüllte sie sich den sehnlichsten Wunsch nach Sicherheit, für sich selbst und auch für die Kinder, die in einem behüteten Zuhause aufwachsen sollten.
Ihr abgespeichertes Muster, »Wenn ich Liebe will, darf ich nicht enttäuschen«, verhinderte, dass sie mit ihrem Mann ehrlich redete. Schon nach der Geburt des ersten Kindes überging sie ihr Bedürfnis, sich lieber auszuschlafen, als Sex zu haben. Mit jedem Kind wurde ihre Sehnsucht nach einer »sexuellen Auszeit« größer, aber erneut verhinderte ihr Muster, dass sie es ihrem Mann mitteilte.
Allmählich wurde es für sie immer schwieriger, erregt zu werden oder Orgasmen zu haben. Um ihn nicht zu enttäuschen oder zu kränken, begann sie Lust vorzutäuschen, sich heimlich mit Speichel die Vagina zu befeuchten und Höhepunkte vorzuspielen.
Störmechanismen im Gehirn
Zu diesem Zeitpunkt waren im Gehirn dieser Patientin bereits Störmechanismen im Gang. Das Gefühlszentrum verglich alle eintreffenden Signale mit den früheren Erfahrungen und Normen. Das Gedächtnis hatte abgespeichert, dass sie sich durch Bravsein die Liebe ihrer Pflegeeltern sichern konnte, was in Bezug auf die aktuelle Situation für sie hieß: Um ihren Partner nicht zu verlieren, muss sie tun, was er will.
Das Bewachungssystem allerdings registrierte gleichzeitig, dass die Situation unpassend war und es für den Körper eigentlich besser wäre, zu schlafen. Es meldete an ihr Steuerungszentrum, dass die Situation für die Sexualität nicht geeignet ist. Dadurch wurde nicht das Entspannungssystem mit den begleitenden Botenstoffen aktiviert, die den Körper für Sexualität bereit machen und auf Sexualität einstimmen, sondern das Anspannungs- oder Stresssystem.
Stressnerv verhindert ausreichende Durchblutung der Klitorisschwellkörper
Dieses System hat in der Natur unter anderem eben auch die Funktion, zur Flucht aus einer unangenehmen Situation zu verhelfen. Das bedeutet, dass der Stressnerv in diesem Fall eine ausreichende Durchblutung der Klitorisschwellkörper verhindert. Diese schwellen deshalb nicht an und sind weniger empfindlich. Auch die Blutgefäße in der Vagina füllen sich nicht ausreichend mit Blut, dadurch wird die Scheide kaum feucht. Der Körper ist einfach nicht auf Sinnlichkeit eingestellt. Somit jedoch wird der Geschlechtsverkehr von dem Belohnungssystem nicht als befriedigend abgespeichert.
Diese sich täglich wiederholende Situation löste bei der Patientin verständlicherweise weder Vorfreude noch Belohnungserwartung aus. Für ihre Sexzentren ergab diese Art des sexuellen Kontaktes keinen Sinn. Ihre Sexualität wurde Teil eines Tauschhandels: Sex gegen Liebe und Sicherheit. Dieser Tausch wurde jedoch vom Körper immer weniger ertragen. Meine Patientin fühlte sich zerrissen zwischen ihrem Bedürfnis als Erwachsene, nicht immer funktionieren zu müssen, und der gespeicherten Angst aus ihrer Kindheit, bei Nichtfunktionieren ihr Sicherheitsnetz, ihre Familie zu verlieren.
Lösungssuche
Wie damals als Kind fielen ihr nur zwei Lösungsvarianten ein. Doch diesmal akzeptierte ihr Körper die Kindvariante des Unterwerfens nicht mehr und löste in ihr das Bedürfnis nach Flucht aus. Dieses Fluchtbedürfnis erzeugte eine Sexualstörung.
Die Patientin braucht also eine dritte, erwachsene Lösung, damit sich das Gleichgewicht wieder herstellen kann und sie wieder Lust auf Sexualität bekommt. Sie wird sich diese Lösung gemeinsam mit ihrem Partner erarbeiten müssen, denn nur wenn sie erlebt, dass die neue Lösung ihre Beziehung nicht gefährdet, wird sie den alten Glaubenssatz durch neue Erkenntnisse ersetzen können.
Tipp
Wenn Sie wie im obigen Beispiel zerrissen sind zwischen dem Bedürfnis Ihres Partners nach Sex und Ihrem nach einer Auszeit und gleichzeitig Ihr Kindheitsmuster verhindert, dass Sie ihm das einfach sagen, dann teilen Sie ihm am besten diese Zerrissenheit mit und bitten Sie ihn, mit Ihnen gemeinsam eine für beide befriedigende Lösung zu finden.

Weitere Störfaktoren
Neben diesen abgespeicherten Mustern aus der Vergangenheit gibt es eine Reihe weiterer Faktoren, die eine unbeschwerte Sexualität verhindern können.
Mühsam kann für eine sexuelle Begegnung werden, wenn sie
- von Schamgefühlen und Angst,
- von negativen, entwertenden oder frustrierenden sexuellen Erfahrungen überschattet ist.
- Ein negatives Körperbild,
- ein geringer Antrieb oder
- Hormonmangel würde die Situation zusätzlich erschweren.
- Wenn überdies mit negativen Reaktionen des Sexualpartners zu rechnen ist
- oder wenn der Partner keine wirkliche sexuelle Ausstrahlung hat, kann es passieren, dass jede sexuelle Motivation abhanden kommt.
An dieser Stelle wird deutlich, dass die Lebenssituation, in der wir uns befinden (sozialer Faktor), einen massiven Einfluss auf unser Sexualleben hat. Wenn Lebensumstände das Stresssystem zu stark aktivieren, kommt der oben beschriebene Mechanismus zum Tragen, der Wunsch des Stresssystems, aus dieser belastenden Situation zu flüchten. Ebenso gibt es keine Handlung in der Gegenwart, die wir setzen, die nicht durch unsere Vorerfahrungen geprägt ist.
Im Folgenden möchte ich störende psycho-sozio-kulturelle Faktoren aufzählen, die mir in der Praxis am häufigsten begegnen.

Belastende soziale Umstände
• Sorgen um den Arbeitsplatz
• Mobbing
• über- oder unterfordernde Arbeitssituation
• Geldsorgen
• pflegebedürftige Angehörige
• Kinderzuwachs
• Kinder in Übergangssituationen
• Konflikte mit einer geliebten Person

Selbstbeobachtung und Negativspirale
Sie kennen das sicher selbst: Eigentlich haben Sie Lust auf Sex, aber der Körper spielt nicht mit, die sexuelle Erregung bleibt aus. Beim ersten Mal nimmt man es noch nicht so ernst. Passiert es jedoch einige Male hintereinander, beginnt man sich vor der nächsten sexuellen Begegnung schon zu fragen, ob der Körper diesmal wohl wieder nicht mitmacht, und ist schon ein wenig nervös.
Gleichzeitig passiert im Gehirn, dass das Stress- oder Anspannungssystem aktiviert wird und NATÜRLICH klappt es diesmal ganz bestimmt nicht. Das löst wiederum Angst aus und lässt uns bei der nächsten sexuellen Begegnung noch angespannter sein.
Man spricht hier auch von Selbstbeobachtung, die in eine Selbstverstärkungsspirale abgleitet. Das Gehirn hat ab jetzt gespeichert: »Es wird ja wieder nicht funktionieren.« Die Gefahr, in so eine Selbstbeobachtungsspirale zu rutschen, ist vor allem dann gegeben, wenn man unter Versagensängsten leidet oder Sexualität aus Unsicherheit meidet.
Sex aus diesem Grund zu meiden, ist eine ungünstige Strategie. Wer selten Sex hat, bewertet einige Fehlversuche viel schlimmer als jemand, der daneben auch viele positive Erlebnisse abgespeichert hat.
Gefährdet sind auch Frauen, die sich bei einer sexuellen Begegnung ausschließlich darum bemühen, ihrem Partner einen besonders guten Sex zu bieten, und dabei völlig vergessen, darauf zu schauen, dass auch ihr Körper das bekommt, was ihn stimuliert.

Störfaktoren der erotischen Atmosphäre
- fehlende Zeit zum Umschalten vom Alltagsstress auf erotische Anbahnung
- enge Wohnverhältnisse und dadurch fehlende intime Rückzugsräume
- kein Wissen oder falsches Wissen über weibliche Sexualität
- unzureichende Stimulation
Leider kommt es häufig vor, dass Frauen sich nicht die Zeit zugestehen, so lange mit dem Geschlechtsverkehr zu warten, bis ihre Genitalien wirklich gut durchblutet sind. Ich höre von vielen Frauen, dass sie sich gestresst fühlen, wenn sie sehen, dass der Penis ihres Partners schon ganz hart ist, sie jedoch gerade erst beginnen, sich fallen zu lassen.
Es sollte nicht vergessen werden, dass ein steifer Penis in erster Linie bedeutet, dass sich der Mann mit seiner Partnerin wohl fühlt und entspannt ist. Sein Entspannungsnerv ist zwar hochaktiv und hat die Penisschwellkörper mit Blut gefüllt, dennoch steht er erst am Beginn des Erregungsaufbaus. Deshalb sollten sich die Frauen noch so lange Zeit lassen, bis ihre genitalen Blutgefäße gefüllt sind.

Partner mit einer Sexualstörung
Oft kommen Frauen zu mir in die Sprechstunde, die entweder Erregungs- bzw. Orgasmusstörungen haben oder unter Lustlosigkeit leiden und bei denen die behandelnde ÄrztInnen keine organischen Ursachen feststellen konnten. Deshalb wurden sie mit der Diagnose »psychisch bedingte Sexualstörung« an mich überwiesen. Erst durch mein Nachfragen konnten wir jedoch herausfinden, dass ihr Partner unter einem Sexualproblem leidet, was sich auf ihre gemeinsame Sexualität auswirkt.
Frauen, deren Männer unter vorzeitigem Samenerguss leiden, beschreiben mir, dass sich ihr Mann so sehr bemüht, nicht zu schnell zu kommen. Er verzichtet auf alles, was seine Erregung steigern könnte, wie inniges Küssen und gegenseitiges erotisches Spielen, und konzentriert sich nur noch aufs Wesentliche, nämlich schnell einzudringen und sich dabei noch abzulenken, also an nüchterne Dinge zu denken. Der sexuelle Kontakt wird nur noch auf den Geschlechtsverkehr reduziert ohne emotionalen Austausch.
Trotzdem kommt er zu früh. Immer wenn sie selbst gerade beginnen könnte loszulassen, sei schon alles vorbei. Für die meisten Frauen ist das sehr frustrierend, sie resignieren und werden in der Folge schwerer erregbar bzw. lustlos.
Frauen von Männern mit Erektionsstörungen erleben eine andere Dynamik. Sie sind zuerst irritiert, warum die früheren Tricks, die sie anwendeten, nicht mehr wirken. Sie vermuten, dass sie für ihren Mann nicht mehr attraktiv sind oder er eventuell eine Geliebte hat. Sie bemühen sich meist noch mehr, den Mann zu stimulieren, und vergessen meist vollkommen auf sich. Sie entwickeln dadurch leicht Erregungs- und Orgasmusstörungen, vor allem natürlich auch, weil der Mann so schnell wie möglich einen Orgasmus erreichen will, bevor sein Penis aufgrund der Erektionsschwäche wieder klein werden würde.
Orgasmusschwierigkeiten
Männer, die sehr lange zum Orgasmus brauchen oder gar keinen erreichen, können für den weiblichen Körper eine Herausforderung sein. Meist schaffen es die Frauen nicht, so lange eine adäquate Lubrikation aufrechtzuerhalten, und so kann das bei ihnen oft Schmerzen beim oder nach dem Geschlechtsverkehr auslösen.
Lustlosigkeit beim Partner kann sehr am Selbstwert der Frauen nagen. Unsere Gesellschaft hat das Zerrbild des immer-willigen Mannes zugelassen, der weiblichen Sexualreizen nicht widerstehen kann. So trifft es eine Frau sehr, wenn gerade sie beim Partner nicht diese Bereitschaft zu Sexualität auslösen kann. Nach einer Phase der Verzweiflung und gelegentlich auch Wut reagiert ihr Körper ebenfalls mit Lustlosigkeit.

Fehlende Anpassung an Veränderungen
Wir sind im Verlauf unseres Lebens immer wieder Veränderungen ausgesetzt, mit denen wir uns auseinandersetzen bzw. an die wir uns anpassen müssen und die auch unser sexuelles Leben mit beeinflussen. So wird sich das Sexleben in der Verliebtheitsphase von dem in einer langjährigen Beziehung unterscheiden. Statt der anfänglichen Aufregung stellt sich ein Gewöhnungsprozess ein, der jedoch auch Zusammengehörigkeit, Aufgehobensein usw. bedeuten kann.
Die Gestaltung des jeweiligen Sexlebens ist individuell und liegt in der Hand eines jeden Paares. Genauso stark wird es beeinflusst durch berufliche Veränderungen, Familienzuwachs, heranwachsende und sich abnabelnde Kinder und später vor allem auch durch das Altern beider Partner.

Unbewältigte Verletzungen
Im alltäglichen Miteinander in einer Liebesbeziehung gehen wir das Risiko ein, einander zu verletzen, so sehr wir die andere Person auch lieben und so wenig wir den anderen absichtlich kränken wollen. Um wie viel leichter wäre der Beziehungsalltag, wenn wir akzeptieren könnten, dass wir unterschiedliche Individuen mit verschiedenen Bedürfnissen, Sichtweisen und Biografien sind.
Statt Auseinandersetzungen auf erwachsene Weise zu führen, reagieren wir meist noch mit unserem Kindheitsmuster, fühlen uns ertappt und missverstanden, beginnen uns zu rechtfertigen oder gehen zum Gegenangriff über. Gängige Muster sind etwa auch zu übergehen, dass man den Partner offensichtlich gekränkt hat, ihm sein Gefühl auszureden, zu erklären, man habe es nicht so gemeint, er habe es falsch verstanden, man habe recht und es bestehe kein Grund, verletzt zu sein, er sei zu empfindlich, man sei – ganz im Gegenteil – selber verletzt, weil man missverstanden werde, usw.
Verletzungen werden abgespeichert, nicht vergessen und in der nächsten ähnlichen Situation abgerufen. Das erklärt auch, warum Kleinigkeiten oft Reaktionen auslösen, die vermeintlich in keinem Verhältnis zu dem Sachverhalt stehen.
Wer verletzt wird, muss sich schützen. Viele schützen sich, indem sie sich zurückziehen oder zurückverletzen. Beide Reaktionen erzeugen Distanz und verhindern körperliche Nähe.

Starre religiöse Sexualnormen
Genauso destruktiv wie die überhöhten medialen Zerrbilder der Sexualität können religiöse Sexualnormen wirken.
Beispiel
Ein 45-jähriger Mann kommt zu mir in die Praxis. Er glaubt, einen krankhaften Sexualtrieb zu haben, da er auf Selbstbefriedigung nicht verzichten kann, obwohl er eine Sexualpartnerin hat. Es stellt sich heraus, dass diese nur alle zwei bis drei Wochen einmal Sex haben will. Ihm ist das viel zu wenig, gleichzeitig will er sie nicht zu mehr drängen. Aufgrund seiner religiösen Prägung empfand er seine »Ersatzhandlung« als schmutzig und sündig. Seine religiösen Sexualnormen waren viel zu starr, als dass ich ihm mit sexualmedizinischem Wissen weiterhelfen hätte können. Erst ein therapeutisch geschulter Pfarrer konnte ihn mit seinen körperlichen Bedürfnissen aussöhnen.

Sexual- und körperfeindliche Erziehung
Kinder richten sich, neben der prägenden Gesellschaft, in ihren Wertvorstellungen, Regeln und Normen nach den Eltern, auch auf dem Gebiet der Sexualerziehung. Ausgesprochene Regeln und Verbote mit angedrohten Konsequenzen tun ohne Zweifel ihre Wirkung. Wirksam sind jedoch auch unausgesprochene, nonverbale Botschaften, die sich auf subtile Weise nachhaltig einprägen.
Oft erzählen mir Patientinnen, dass es bei ihnen zu Hause einen »normalen« Umgang mit dem Thema Sexualität gab. Auf mein genaueres Nachfragen bezüglich eventuell nicht ausgesprochener Selbstverständlichkeiten stellt sich häufig heraus, dass sie sich z. B. nicht erinnern können, die anderen Familienmitglieder jemals nackt gesehen zu haben. Das Berühren der eigenen Genitalien wurde durch Blicke unterbunden. Reinlichkeit galt als oberstes Gebot, Körpergeruch oder Körperflüssigkeiten waren eher Ekel erregend. Es gab kaum bis keine körperliche Nähe oder Zärtlichkeit, weder zwischen den Eltern noch zwischen Kindern und Eltern. Die Mutter wehrte sexuelle Annäherungen des Vaters mit vernichtendem Blick ab. In der Pubertät wurde ihr Umgang mit Burschen beargwöhnt, der Kontakt mit sexuell freizügigeren Freundinnen untersagt. Kurz: Es
gab keinen entspannten, entkrampften, positiven Umgang mit Körperlichkeit und Sexualität, sondern eine körper- bzw. sexfeindliche Grundstimmung.

Sexuelle Mythen
Jede Kultur und jede Generation kreiert ihr vermeintliches Sexwissen, das leider vielfach auf Klischees und Unwissen beruht, die unsere Sexualität stören können, wenn wir sie ernst nehmen.
Alte Mythen
- Frauen sind beim Sex passiv, Männer aktiv
- Männer »besorgen« Frauen den Orgasmus
- Fauen sind zur Befriedigung des Mannes da
- Den Orgasmus müssen beide gleichzeitig erreichen
- Sexualität ist etwas Unreines, Schmutziges
- Sexualität = Geschlechtsverkehr
- Über Sexualität muss man nicht reden, Männer wissen, was Frauen brauchen
- Frauen wollen weniger Sex als Männer
- Selbstbefriedigung ist nur etwas für Singles
Neue Mythen
- Beim Sex zählt nur Leistung (= erreichter Orgasmus)
- Sex muss zum Orgasmus führen
- Mangelnder Sex führt zu Gesundheitsproblemen
- Beim Sex übernimmt die Frau die Führung und Verantwortung
- Frauen sind immer bereit für Sex
- Sexuell attraktiv sein heißt, für jede sexuelle Spielart offen zu sein
- Sexualität sollte natürlich und spontan sein
- Jeder Körperkontakt muss zu Sex führen
- Eine sexuell attraktive Frau kann alles miteinander verbinden: Familie, Arbeit, Haushalt und Sex
- Nur ein perfekter Körper ist ein sinnlicher Körper

Belastende Erlebnisse
Belastende, weil verunsichernde Erlebnisse können zum Beispiel Verluste sein – Verlust des Partners, enger Angehöriger, von Freunden oder auch der Arbeitsstelle, des Wohnortes usw. Verluste bedeuten vor allem, einen neuen Boden finden zu müssen und sich an die veränderten Bedingungen anzupassen.
Sexuelle Übergriffe, in welcher Form auch immer sie stattfinden, erschüttern den inneren Kern des Menschen, indem sie die bisherige innere psychische Struktur, die gewohnte Ordnung, zerstören. Sie sind eine Verletzung der persönlichen Grenzen und erfordern von den Betroffenen eine schmerzvolle Auseinandersetzung mit dem Erlebten und eine stabilisierende Neugestaltung der inneren Ordnung, um wieder (intime) Beziehungen vertrauensvoll leben zu können.
Emotionale Erschütterungen können in der sexuellen Einstiegsphase passieren. Das »erste Mal« kann tiefe Narben hinterlassen, wenn die Situation oder die Bedingungen, unter denen es stattgefunden hat, nicht gepasst haben oder der Partner damals emotional verletzend war. Oft erzählen mir beide Beziehungspartner, dass ihr erstes Mal eher traumatisch und sehr verunsichernd für sie war, doch können sie nicht miteinander darüber sprechen, wissen es also voneinander nicht.
Manche Patientinnen berichten mir, wie sehr dieser Einstieg ihr weiteres Sexualverhalten beeinflusst hat – sie fühlen sich seitdem unzulänglich und erleben Sex vorwiegend angespannt, weil sie noch immer die Angst haben, nicht zu genügen.

Nähe-Distanz-Regulierung
Liebesbeziehungen beginnen zumeist mit dem beidseitigen Gefühl der Innigkeit, der Verschmelzung, der Sehnsucht nach dem Einssein, einem extremen Nähebedürfnis, einer Symbiose, die vielleicht mit dem pränatalen Zustand und dem frühen Säuglingsalter vergleichbar ist. Auch spielen aktive Botenstoffe im Körper eine wesentliche Rolle für diesen Zustand, deren Zusammensetzung sich ändert, wenn die Beziehung länger andauert, wenn Alltag und Gewohnheiten einkehren.
Man wird sich seiner individuellen Existenz wieder bewusst, spürt die eigenen Grundbedürfnisse wieder deutlicher. Je nach persönlicher Entwicklungsgeschichte wird es schwerer oder leichter fallen, sich aus der Symbiose zu lösen, sich mit dem Partner über eigene Befindlichkeiten auszutauschen, die eigenen Bedürfnisse zu formulieren, ohne dass dies zu Kränkungen führt.
Häufig erlebe ich jedoch PartnerInnen, die sich unter Verzicht auf ein Eigenleben dem anderen vollkommen angepasst haben. Dies verhindert ein lebendiges Zusammensein, was sich wiederum auf die Sexualität niederschlägt. Gleichzeitig verleugnen sie damit alles, was sie am Anfang der Beziehung anziehend machte.
Beispiel
Eine 50-jährige Patientin erzählte mir aufgelöst, sie sei nach 20 Jahren Ehe von ihrem Partner wegen einer anderen Frau verlassen worden. Er könne in der neuen Beziehung so sein, wie er ist, liebe es, spontan und ungezwungen zu leben, viel zu unternehmen und auch sexuell zu experimentieren. Meine Patientin kann nicht verstehen, warum er all das nicht mit ihr hat leben können. Sie habe seinetwegen auf vieles verzichtet, auch sie habe ihr Sexleben nicht besonders aufregend gefunden, nun verlasse er sie, ohne ihr und ihnen beiden die Chance einer Veränderung zu geben.
Dieses Paar war in Kindheitsmustern gefangen: zerrissen zwischen den eigenen Bedürfnissen nach Eigenleben und der Angst, den Partner dadurch zu verlieren. Wie als Kind entscheiden sich beide, die eigenen Bedürfnisse zu verleugnen, um sich die Liebe zu sichern. Sie haben Angst, das stabile Gleichgewicht der Beziehung zu gefährden. Ein Eigenleben kann in der Tat ein Unsicherheitsfaktor
für die Beziehung sein und die Gefahr bergen, den Kontakt zu verlieren, wenn nicht ehrlich über die jeweiligen Ängste und Bedürfnisse gesprochen wird. Jedoch, so zu tun, als hätten wir keine Bedürfnisse, entfernt uns ebenso voneinander.
Gerade bei symbiotisch lebenden Paaren meldet sich häufig das Symptom Lustlosigkeit. Es scheint, als ob Körper und Psyche einen Weg gefunden hätten, auf diese Weise die eigene Persönlichkeit nicht ganz aufzugeben.

Umgang mit Grenzen
Eine lebendige Sexualität braucht lebendige Menschen. Lebendige Menschen wiederum sind in ständiger Bewegung, auch was ihre Stimmungen und Bedürfnisse angeht. Sexuelle Bedürfnisse oder Vorlieben können sich ändern, und das ist nicht vorhersagbar.
Sexuelle Berührungen können in der einen Situation erregend sein, dieselben Berührungen jedoch in einer anderen Situation unangenehm. Es ist wichtig, dass wir uns jeweils zugestehen, was wir brauchen.
- Ein müder Körper etwa braucht etwas anderes als ein energiegeladener,
- ein junger etwas anderes als ein älterer
- und ein kranker etwas anderes als ein gesunder.
Wenn eine Frau ihrem Partner sagt, was sie heute anders als gestern braucht, so bedeutet das nicht, dass er etwas falsch macht, sondern lediglich, dass sie etwas anderes braucht.

Kommunikationsprobleme
Ohne Kommunikation erstarren Beziehungen, Bedürfnisse werden verleugnet und Verletzungen nicht ausgeräumt. Lebendige Sexualität braucht lebendigen Austausch. Gleichzeitig ist das Thema sehr intim, noch immer tabu und man macht sich leicht verwundbar, wenn man offen darüber spricht. Deswegen meiden viele Paare ein offenes Gespräch, aus Angst den anderen zu verletzen oder ihn zu verlieren. Trotzdem finden Verletzungen statt, vor allem dann, wenn Klärungsversuche fehlschlagen.
Das sensible Thema Sex erfordert auch eine sensible gemeinsame Sprache, in der Emotionen, Wünsche und Erwartungen ausgedrückt werden können und die die jeweiligen Bedürfnisse nicht bloßstellt, herunterspielt oder lächerlich macht, weil sonst der Verletzte zurückschlagen und auch wieder verletzen will und eine Spirale der gegenseitigen Kränkungen beginnt.

Unterschiedliche sexuelle Bedürfnisse
Viele Paare lieben »aneinander vorbei«. Für jeden Einzelnen bedeutet Sex etwas anderes:
- Für die einen ist es Austausch von Leidenschaft, für die anderen Austausch von Liebe.
- Für viele ist es die schönste Möglichkeit, Spannungen abzubauen, für die anderen das Wunder, Kinder zeugen zu können.
- Die einen brauchen Wort- oder Blickwechsel während des Sexualaktes, andere wollen »in ihre Innenwelt fallen«.
- Die einen mögen animalischen Sex, andere romantischen.
- Manche brauchen Körperkontakt und Vorspiel, andere nur den reinen Geschlechtsverkehr.
- Viele inszenieren Geschichten, andere brauchen es dunkel und versteckt.
Sofern zwei dasselbe wollen, entstehen seltener Probleme. Anders ist es, wenn zwei etwas Gegensätzliches brauchen, um Sex zu genießen. Das mag anfangs zwar spannend sein, später verbrauchen sie allerdings viel Energie beim Versuch, den anderen davon zu überzeugen, dass die eigene Art der Sexualität erfüllender ist. Ohne ehrliche, nicht verletzende Gespräche endet eine solche Situation meist für beide frustrierend, beide haben häufig das Gefühl, nie das bekommen zu haben, was sie brauchen.

Pornografie
Pornokonsum gehört für viele Paare zum normalen Repertoire ihrer Beziehung. Die Inhalte gelten für viele als erfüllbar. Im Praxisalltag habe ich es allerdings häufig mit Frauen zu tun, die Sexualprobleme entwickeln, weil sie mit dem Rollenbild der sexuell attraktiven Frau aus der pornografischen Industrie konkurrieren und dabei ihre eigenen körperlichen und seelischen Bedürfnisse verleugnen.
Wer sich an diesem Fantasiebild misst, hat bereits verloren. Die pornografischen Bilder der sexuell attraktiven Frau entspringen der männlichen Fantasie. Wie alle Fantasiewesen soll sie Befriedigung schaffen, Frust vermeiden, jederzeit abrufbar sein, nicht der Realität entsprechen, keine Anforderungen stellen, nicht enttäuschen, keine eigenen Bedürfnisse haben, alle Wünsche erfüllen, eine perfekte Figur haben, bei Bedarf große Brüste haben, kindliche Genitallippen und eine enge Vagina.
Sie ist bei Bedarf weglegbar, durch eine Neue ersetzbar, steht dann natürlich wieder freudig zur Verfügung. Sie ist immer geil, wird wahnsinnig vor Lust, wenn er sie stundenlang rammelt, in jede Öffnung, in jeder Stellung. Sie liebt ihn ungepflegt, seine Demütigungen bereiten ihr Lust, genauso wie seine Rücksichtslosigkeit. Jeder Ton entzückt sie, genauso wie jeder seiner Wünsche. Sie liebt es, wenn er andere Frauen dazuholt oder andere Männer zuschauen lässt, wie sie es mit ihm treibt. Sie weiß, dass sie jederzeit durch eine andere aus der Partnerbörse ersetzbar ist.
Die Beispiele wären unendlich, gemeinsam ist ihnen, dass die Frauen ihre Körperempfindungen nicht respektieren, weil sie fürchten, sexuell nicht attraktiv zu sein und ihre Partner an eine andere, nicht »so verklemmte« Frau zu verlieren. Sie fühlen sich leicht ersetzbar.
Beispiele
- Eine 21-jährige Frau fragte nach einer »betäubenden Salbe«, weil ihr Freund mit ihr Analsex haben wollte. Sie empfand dabei so heftige Schmerzen, dass sie fürchtete, ihm diesen Wunsch nicht mehr erfüllen zu können. Sie selbst mag Analsex nicht.
- Eine 27-jährige Frau kam wegen Orgasmusstörungen. Sie meinte, sie müsse wohl »frigid« sein, denn sie habe »nicht einmal beim Fisting was empfunden«. Sie erzählte beschämt, ihre Scheide sei dabei eingerissen und sie habe notoperiert werden müssen.
- Eine 43-jährige Frau wollte wissen, was sie tun könne, um den Brechreflex zu unterdrücken, wenn ihr Partner ihr beim Oralsex die Spermien in den Mund spritze. »Er sieht es als Liebesbeweis, wenn ich sie schlucke.« Sie ekelt sich jedoch vor dem Geruch, der Konsistenz, dem Geschmack.

Quellenangabe
Dieser Text ist, mit freundlicher Genehmigung des Verlages, dem Buch Weiblich, sinnlich, lustvoll von Dr. Elia Bragagna, 2010 erschienen im Ueberreuter Verlag, entnommen.
