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Selbstbestimmte und selbstbewusste Sexualität bei der Frau

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Wenn Sie sich schon vertrauter mit Ihrem Körper fühlen (Tipps dazu im Artikel: Weibliche Sexualität: Sich kennenlernen), können Sie versuchen, die Erregung zu verstärken. Es gibt viele Möglichkeiten. Es gibt eine genitale sowie eine subjektive, innere Erregung.

Selbstbefriedigung

  • Wenn wir diese aktivieren wollen, dann genügt oft schon, dass wir auf unserer Erkundungsreise stärker atmen oder dem Körper erlauben, sich zu den Berührungen zu bewegen, eventuell den restlichen Körper mitzustimulieren.
  • Manchen Frauen reicht die Fantasie, um sie in erotische Stimmungen zu versetzen. Im Reich der Fantasie ist alles erlaubt, denn allen ist bewusst, dass diese weder der Realität entspricht, noch der Realität entsprechen muss.
  • Manche stöhnen oder schreien gern. Andere würden gern schreien, trauen sich jedoch nicht, etwa weil die Nachbarn es hören könnten. Sie können dann stattdessen »nach innen schreien«.
  • Einige Frauen pressen ihre Oberschenkel fest aneinander und bewegen das Becken dabei rhythmisch vor und zurück. Dazu überkreuzen sie gerne die Beine.
  • Manche pressen sich einen Polster zwischen die Beine oder reiben sich an einer weichen Unterlage.
  • Wiederum andere genießen im Bad den starken und warmen Strahl des Duschkopfes, um sich erregen zu lassen.

Alles, was Freude macht und dem Körper nicht schadet, ist erlaubt. Wenn Sie merken, dass Sie sich dem Orgasmus nähern, überlassen Sie es Ihrem Körper, Sie zu führen. Nichts ist falsch, was er machen will, nichts ist peinlich. Es ist ein wunderbarer Ausnahmezustand.

  • Der Körper kann sanfte, wellenartige Zuckungen in den Genitalien oder der
    Bauchdecke erzeugen
  • oder heftige, die ihn sich aufbäumen lassen.
  • Den Orgasmus kann ein ruhiges Gefühl begleiten
  • oder auch eine sehr heftige Emotion, die sich zum Beispiel in Lachen oder Weinen ausdrückt.

Selbstbefriedigung vor dem Partner

Wenn Sie sich beim Selbstbefriedigen sicher fühlen, dann teilen Sie diese Erfahrungen mit dem Partner, wenn es für Sie passt. Im ersten Augenblick erscheint Ihnen der Gedanke vielleicht unangenehm, sich in Gegenwart des Partners selbst zu stimulieren. Die meisten Männer jedoch sehen darin einen großen Vertrauensbeweis und finden es gleichzeitig sehr erotisch.

Zeigen Sie ihm, wie sie sich stimulieren und was Sie gerne haben. Vielleicht nehmen Sie seine Hand und lassen ihn die verschiedenen Berührungsarten fühlen, die Sie mögen.

Über Sex reden

Wenn Sie Ihren Partner und Ihre Beziehung wirklich lieben, dann teilen Sie ihm von Anfang an Ihre sexuellen Bedürfnisse mit. Er kann nicht wissen, wie Ihr Körper tickt. Wir Frauen haben das Recht, zu unserer Sinnlichkeit zu stehen. Dazu gehört, dass wir für ihre Entfaltung Verantwortung tragen.

Trotz unserer aufgeklärten Zeit wissen die wenigsten, dass nur vier Prozent der Frauen beim Geschlechtsverkehr durch die klassischen »Rein-Raus-Bewegungen« zum Orgasmus kommen können. Jede Zweite braucht gleichzeitig eine gezielte Stimulation der Klitoris.

Wenn Sie Ihrem Partner von Beginn an sagen, was Sie brauchen, wird er Gespräche über Sex kaum als Angriff gegen sich verstehen. Er wird erfahren, dass Ihr Körper sich im Verlauf der Beziehung ändert und immer wieder etwas anderes brauchen wird.

Stehen Sie ohne Scham dazu, wenn Sie selbst noch nicht wissen, was Ihnen guttut. Bitten Sie ihn, mit Ihnen auf eine erotische Erkundungsreise zu gehen. Wenn Sie mit ihm schlafen und etwas gefällt Ihnen besonders, dann zeigen Sie es ihm. Führen Sie seine Hand, wenn Sie eine Berührung gerne etwas fester oder zarter hätten.

Teilen Sie Unangenehmes in einer Art mit, die zur Situation passt. Wenn Sie Ihren Partner ruppig zurechtweisen, trifft ihn das in so einem emotional offenen und ungeschützten Moment erheblich härter als in einer neutralen Situation.

Umfassendere oder auch weniger leicht benennbare sexuelle Änderungswünsche besprechen Sie besser nicht im Bett. Sorgen Sie dafür, dass genügend Zeit für ein längeres Gespräch besteht. Ihrem Partner wird es auch angenehm sein, zu hören, dass es Ihnen wichtig ist, für Sie beide eine befriedigende Lösung zu finden.

Stehen Sie dazu, auch wenn Sie möglicherweise verlegen sind. Reden Sie offen über Ihre eigenen Sehnsüchte und Bedürfnisse, das schafft eine Basis für ehrliche partnerschaftliche Gespräche.

Neun von zehn Frauen haben im Laufe ihres Lebens dem Partner einen Orgasmus vorgespielt. Zehn Prozent tun dies regelmäßig. Was tun, wenn Sie zu Letzteren gehören und eigentlich das, was Sie vorschummeln, endlich wirklich empfinden wollen? Sie könnten zum Beispiel anfangen, sich wie oben bzw. im Artikel “Weibliche Sexualität: Sich kennenlernen” beschrieben zu erforschen, und so zu Ihrer eigenen Spielart zu finden.

Ohne Druck zueinander finden

Verzichten Sie doch gelegentlich absichtlich auf den »Geschlechtsverkehr«. Warum? Weil er für viele Paare zu einer Pflichtübung oder zu einem langweiligen Ritual geworden ist.

Gönnen Sie sich doch, den Partner einmal anders zu genießen.

  • Machen Sie miteinander aus, dass alle Spielarten, Berührungen, Stimulationen und Liebkosungen erlaubt sind, die zum Orgasmus führen, nur das klassische Penetrieren nicht. »Nutzen« Sie den Körper des anderen zu Ihrer Freude.
  • Vereinbaren Sie vorher, dass der andere immer sagt, wenn für ihn etwas nicht passt, dann können Sie sich ganz von Ihren körperlichen Bedürfnissen leiten lassen.
  • Spielen Sie mit ihm. Reiben Sie Ihre Genitalien an seinen Schenkeln oder an seinem Bauch, umarmen Sie ihn so fest oder sanft, wie Sie es brauchen. Küssen Sie sich satt oder saugen Sie sich an ihm fest, raufen Sie mit ihm oder schauen Sie ihm nur in die Augen. Sagen Sie unvernünftige Dinge, nehmen Sie Ihre Fantasie dazu. Nutzen Sie Körperöle oder feine Lebensmittel, die Sie auf seinem Körper essen.

Es steht Ihnen jede Spielart offen. Stressen Sie sich nicht zum Orgasmus, er wird sich sowieso einstellen, wenn alles stimmig ist.

Aufeinander einstimmen

Wenn Sie wollen, dass Ihre Sexualität Sie befriedigt, gönnen Sie sich, Ihrem Körper und Ihren Sinnen, sich auf Ihren Partner einzustimmen. Synchron zu werden beginnt nicht erst im Bett.

Was etwa könnte Ihnen das Umsteigen vom Arbeitsalltag auf das private Miteinander erleichtern? Wäre es ein

  • Gespräch,
  • ein Spaziergang,
  • ein Essen,
  • Umarmen,
  • Ansehen,
  • miteinander Lachen?

Vielleicht brauchen Sie nach einem anstrengenden Arbeitstag nur eine kurze Auszeit, um wieder fit zu sein. Lassen Sie sich im Bett von Ihrem Körper führen. Gehen Sie keine faulen Kompromisse ein. Sie führen keine diplomatischen Verhandlungen, sondern Sie machen Sex. Ihr Körper hat seine eigenen Regeln. Wenn Sie auf diese eingehen, dann belohnt er Sie mit intensivsten Empfindungen.

Zum Orgasmus kommen

Wie und wodurch Sie einen Orgasmus erreichen, spielt keine Rolle. Jagen Sie ihm nicht nach. Er kommt ganz leicht zu Ihnen, wenn Sie sich kein Ziel setzen. Gönnen Sie sich stattdessen alles, was Ihnen das Gefühl von Nähe und Intimität, Erregung und Sinnlichkeit vermittelt, ohne jede Scham. Ob Sie Ihren Orgasmus vor oder nach Ihrem Partner erreichen, darf Ihnen egal sein – es geht darum, sich zufrieden, entspannt und verbunden zu fühlen.

Viele Frauen wollen gerne beim Geschlechtsverkehr zum Höhepunkt kommen. Doch die meisten verlieren, sobald der Mann in sie eingedrungen ist, den nötigen Kontakt zur Klitoris oder den anderen Erregungspunkten (vordere Scheidenwand oder Muttermund) und stimulieren diese dadurch zu wenig. In der Folge klingt die Erregung ab, die Scheide wird trocken und der Höhepunkt rückt in die Ferne. Um die Erregung zu halten, brauchen Sie nur Ihre Technik ein wenig zu ändern.

Gehen Sie doch mit Ihrem Partner gemeinsam auf die Suche, bei welchen Stellungen Sie den innigsten Kontakt zwischen diesen empfindlichen Arealen und dem Penis halten können, damit Sie so leichter Erregung aufbauen und halten können. Probieren Sie auch verschiedene Beckenbewegungen aus, um die intensivste herauszufinden.

Besonders erregend kann es sein, wenn Sie den Penis des Mannes in sich spüren und gleichzeitig mit seiner oder Ihrer* Hand die Klitoris stimulieren*. Viele Paare gönnen sich dafür auch Sex-Toys als raffinierte Verbündete.

Selbstbewusst auf »Stand-by«

Wenn der erste Sturm der Verliebtheit vorbei ist, folgt eine andere, nicht minder schöne Zeit der Liebe und Sinnlichkeit. Sie fühlen sich angenommen und vertraut, Sie kennen seine Fehler und er Ihre. Es ist die Zeit, in der Geborgenheit der Beziehung zu sich zu finden.

Ein Großteil der Frauen findet auf einer solchen Basis des Angenommenseins und des gegenseitigen Respekts die besten Voraussetzungen, um sich fallen zu lassen, angstfrei sexuell zu experimentieren und der Fantasie freien Lauf zu lassen. Sie fühlen sich Ihrem Partner nahe, wenn Sie mit ihm geschlafen haben und sexuell befriedigt sind.

Lassen Sie sich keine Sexrollenklischees mehr einreden, keine krank machenden Maßstäbe mehr vorgaukeln! Es ist selbstbewusst, sich dann auf Sex einzulassen, wenn die Situation und Stimmung zwischen Ihnen und Ihrem Partner passt. Sie sind auf »Stand-by«!

Sorgen Sie Ihrer Sinnlichkeit zuliebe dafür, dass Sie einen guten emotionalen und erwachsenen Kontakt zu Ihrem Partner halten. Bleiben Sie IMMER seine sinnliche Partnerin. Wechseln Sie zum Beispiel nicht in die Rolle der Schwester, der Tochter, der Mutter oder besten Freundin. Bestehen Sie darauf, dass auch er in der Haltung des sexuellen Partners bleibt. Wenn die Rollen wechseln, schwindet auch die sexuelle Anziehung – man schläft ja auch nicht mit dem Bruder, dem Vater, dem Sohn oder dem besten Freund. Wenn Sie eine solche Schräglage bemerken, dann klären Sie die Situation, sich selbst zuliebe.

Ist die Aussicht auf diesen »Stand-by-Modus« für Sie eher langweilig, wünschen Sie sich mehr »Kick-Sex«? Mehr Kick kann es nur geben, wenn erotische Spannung zwischen zwei Menschen existiert und sie nicht zu sehr »eins werden«, wenn sie sich gegenseitig mit ihrem »Anderssein« zumuten und aushalten, wenn sie die wechselnden Bedürfnisse ausleben und der Phantasie erlauben, sich auch im Bett einzustellen. Laden Sie Ihren Partner ein, ein Teil dieser Welt zu werden.

Erotische Verabredungen

In einer längeren Beziehung verlagert sich der Lebensschwerpunkt in der Regel auf die Alltagspflichten und so bleibt oft nur eine »Restzeit« für Sex. Die meisten Frauen finden das langweilig. Würden Sie, wenn Sie jemanden neu kennenlernen und mit ihm schlafen wollen, einfach abwarten, bis es sich neben all den Pflichtterminen zufällig einmal ergibt, dass Sie einander treffen? Würden Sie dann ohne jede erotische Einstimmung mit ihm schlafen? Nein? Warum lassen Sie dann solche die Sinnlichkeit zerstörenden Rituale in Ihrer Beziehung aufkommen?

Bestehen Sie zum Beispiel auf mindestens einer bewussten Verabredung pro Woche, bei der Sie zusammen erbauliche Dinge tun, die Sie als Paar verbinden.

Sinnlich sein, Sexualstörungen verhindern

Sexuell selbstbewusst zu sein ist die beste Garantie, bis ins hohe Alter sexuell lebendig zu bleiben – alle Studien bestätigen dies. Wenn Ihnen Sexualität als Teil Ihres Frauseins wichtig ist, werden Sie versuchen, sie trotz aller Veränderungen
lebendig zu halten. Es macht keinen Unterschied, ob sich Veränderungen durchs Altern einstellen oder durch Erkrankungen, Operationen oder Medikamente ergeben. Sie werden einen passenden Weg finden.

Sexwissen gepaart mit Erfahrung macht selbstsicher und mutig, um den Klischees zu trotzen, die in unserer Gesellschaft noch immer über weibliche Sexualität existieren. Wir sind, wie wir sind: weiblich, sinnlich, lustvoll!

Quellenangabe

Dieser Text ist, mit freundlicher Genehmigung des Verlages, dem Buch Weiblich, sinnlich, lustvoll von Dr. Elia Bragagna, 2010 erschienen im Ueberreuter Verlag, entnommen.

Autor

Dr. Elia Bragagna (März 2011)