Sex als Bindungsfaktor
Sexualität spielt in einer gelingenden Partnerschaft eine wichtige Rolle. Dabei kommt es allerdings nicht auf die Häufigkeit an. Auch Paare, die „selten“ Sex haben, genießen das Zusammensein und vermitteln sich über Berührungen, Erregung und Lustgefühle Liebe und Zuneigung, Nähe und Harmonie. Sex, egal wie oft, ist ein wichtiger Bindungsfaktor in einer Beziehung. Und das wird etwa auch auf hormoneller Ebene unterstützt.

Kein Oxycotin – keine Monogamie
Studien an Präriewühlmausen, die als monogam gelten, also ihr ganzes Leben lang mit einem Partner/einer Partnerin zusammen bleiben, haben ergeben, dass die Hormone Oxycotin und Vasopressin eine wesentliche Rolle dabei spielen. Werden diese Hormone den Mäusen entzogen, verlassen sie einander. Auch beim Menschen spielen diese Hormone eine wichtige Rolle, wie immer mehr Forschungsarbeiten ergeben.
Es ist also nicht nur auf Gefühlsebene sondern durchaus auch für den Organismus wichtig, eine partnerschaftliche Beziehung zu führen. Eine solche Liebesbeziehung tut nicht nur der Seele gut, sondern auch dem Körper. Man könnte das auch so formulieren: Wir lieben, weil wir das brauchen, weil es uns gut tut und zwar seelisch, geistig und körperlich.

Bindung aufrecht erhalten
Sexualität allein kann dies nicht erzeugen – die Bindung zum Partner/zur Partnerin gehört dazu. Es ist ein Perpetuum mobile: Sex dient als Bindungsfaktor in einer Beziehung, weil sich über ihn vieles an positiven Gefühlen ausdrücken lässt. Die Bindung wiederum kann den Sex schöner machen, das ist allerdings mit einer Reihe von Stolpersteinen versehen. Denn, je besser man seinen Partner/seine Partnerin kennenlernt, desto weniger spannend wird sehr oft der Sex. Es ist allerdings möglich, Sexualität auch in einer Beziehung spannend zu leben, dazu gehört allerdings viel Arbeit, auch wenn das auf den ersten Blick lustfeindlich klingt.

Raum, Zeit, Respekt
Damit Sexualität als Bindungsfaktor funktioniert, braucht es Raum und Zeit für Intimität. Es braucht Respekt voreinander, Liebe natürlich, aber auch die Neugier auf den anderen/die andere, die nicht verloren gehen darf.

Wissenschaftlich erforscht
Wie bereits erwähnt, unterstützt der menschliche Organismus Sexualität als Bindungsfaktor, dies lässt sich mittlerweile in einer ganzen Reihe von Forschungsarbeiten nachlesen. Wissenschaftlich ausgedrückt ist sexuelles Bindungsverhalten „eine Verhaltensweise, die in der Regel durch eine sexuelle Interaktion zwischen zwei Organismen induziert wird und in Form von Annäherungsverhalten und selektiver Bindung unterschiedlichen Ausmaßes beobachtet werden kann.“ Weniger wissenschaftlich ausgedrückt: Sex führt zu Annäherung und Bindung. Damit diese zustande kommen kann, arbeitet das Gehirn emsig an der Produktion und Ausschüttung von Botenstoffen, die diese Bindung aufgrund von Sexualität verstärken.

Zusammen bleiben wollen
Das spielt schon deshalb eine wesentliche Rolle, weil äußere Faktoren zur Beibehaltung einer Bindung in den vergangenen Jahrzehnten sich stark verändert haben. Wer nicht möchte, muss heute nicht mehr heiraten, und wer unglücklich ist, kann sich trennen, oder scheiden lassen. Sexualität dient (zum Glück) schon lange nicht mehr nur der Fortpflanzung sondern spielt eine wichtige Rolle im Beziehungsalltag. Es ist also ein Wechselspiel: Sexualität in einer Beziehung festigt dieselbe – damit sie aber funktioniert, sollte die Beziehung der beiden PartnerInnen in einem positiven Licht gesehen werden können.

Sex als Stressreduktion
Neben der Funktion, die Sex als Bindungsfaktor aufweist, spielt der Entspannungsfaktor nach dem Sex eine nicht unwesentliche Rolle. Sex kann – wenn er den handelnden Personen Spaß macht – extrem entspannend wirken. Zum einen ist das wiederum auf den Einfluss der Hormone zurück zu führen, zum anderen aber ist der Mensch nach einem befriedigenden Liebesspiel entspannter. Mit wissenschaftlichen Studien konnte sogar nachgewiesen werden, dass Stress Kopfschmerzen lindert – und gegen Prüfungsstress soll Sex ebenfalls helfen.

Wichtige Hormone
Die nachfolgende Hormone (Botenstoffe) haben Einfluss auf Sexualität und Bindungsverhalten:
Penylethylamin: sorgt für Rauschgefühle, kann Sucht erzeugen
Dehydrepiandrosterol: stimuliert das sexuelle Interesse, erzeugt Pheromone (Sexuallockstoffe)
Oxytocin: Bindungshormon, erzeugt den Wunsch nach Berührung
Vasopressin: das „Exklusivitätshormon“ – sorgt für die Bindung der PartnerInnen
Dopamin: „Belohnungshormon“
Testosteron: sexueller Antrieb
Östrogen: sexueller Antrieb
Serotonin: hemmt den sexuellen Antrieb, sorgt für Zufriedenheit nach dem Sex
Progesteron: hemmt den sexuellen Antrieb
Prolaktin: hemmt den sexuellen Antrieb
Quelle: Crenshaw Th. L 1997. The alchemy of love and lust. How our sex hormones influence our relationships. Pocket Books

Fussnoten
1 Krüger T, Winter L. Psychologische Grundlagen sexuellen Bindungsverhaltens beim Menschen. Blickpunkt der Mann – Wissenschaftliches Journal für Männergesundheit. 2009 7(2) 27-33
