Ein massiver Einschnitt ins Sexualleben
Mit Brustkrebs ist ein massiver Einschnitt in Ihr Sexualleben passiert. Die Brust als Sexualorgan ist Ausgangspunkt einer Erkrankung und bleibt trotzdem ein Ort, an dem Lust empfunden werden kann und über die Sexualität gelebt wird. Angst vor Erkrankung, Operation, Behandlung, unerwünschte Arzneimittelwirkungen, Siechtum und Tod treten krisenhaft in den Vordergrund des Erlebens, Sexualität tritt in den Hintergrund.
Alles konzentriert sich auf das Bewältigen der belastenden Situation („Ich will gesund werden“), die Auseinandersetzung mit Sexualität wird oft als unangemessen erlebt und auf später verschoben („Das wird dann schon wieder, wenn ich gesund bin“).
Wir versuchen, einen häufigen Ablauf dieser Dynamik zu beschreiben sowie weibliche und männliche Sichtweisen und Erlebniswelten in ihrer Übereinstimmung und ihren Unterschieden aufzuzeigen. Dies soll Ihnen helfen wahrzunehmen, wo und wie Konflikte entstehen und wie Sie sie bewältigen können.

Veränderung der partnerschaftliche Sexualität
Die zweiteilige Tabelle zeigt jeweils den Krankheits- und Behandlungsverlauf, die weibliche, die männliche Sichtweise sowie die Paardynamik auf, wie sie sich während einer Brustkrebserkrankung entwickeln kann.

"Normale" Veränderungen in der Sexualität
Wenn Sie zurückschauen, so werden Sie feststellen, dass Sie schon eine Reihe von Veränderungen Ihrer weiblichen Körperlichkeit durchlaufen haben, die mit Sexualität in engem Zusammenhang gestanden sind (z.B. erste Regel, erste sexuelle Begegnung, Partnerwechsel, Infektionen im Geschlechtsbereich, unangenehme Sexualerlebnisse, Kinder gebären, Stillen, Schwangerschaftsabbruch, Fehlgeburt, hormonelle Veränderungen, beruflicher Stress, Belastungsspitzen, Hinwendung zu anderen Lebensschwerpunkten, zeitlich beschränkte sexuelle Abstinenz, Wechsel, …).

Erinnern Sie sich: Wie haben Sie die damaligen Situationen bewältigt?
Haben Sie sich eine Auszeit gegönnt, Informationen geholt, mit FreundInnen oder Fachleuten geredet, mit dem Partner Lösungen gesucht, etwas beendet oder neu begonnen?
Sie haben jede Menge Erfahrungen, auf die Sie jetzt zurückgreifen können.

Warum ich? Warum Brustkrebs? Wer ist schuld?
Diese Frage würde sich nicht stellen, wäre Sexualität nicht mit den unterschiedlichsten Werten verbunden: Tatsache in unserer Gesellschaft ist, dass Sexualität als gut oder böse, falsch oder richtig, erlaubt oder verboten bewertet wird. Viele Frauen und ihre Partner stellen sich daher die Frage, ob in ihrer sexuellen Geschichte Böses, Falsches oder Verbotenes vorgekommen ist, für das sie jetzt mit der Krankheit Brustkrebs bestraft werden könnten.
Falls Sie geneigt sein sollten, diese Frage positiv zu beantworten, müssen wir Ihnen massiv widersprechen:
Keinesfalls sind Ereignisse wie vor- und außereheliche Sexualität, Fehlgeburt, Schwangerschaftsabbruch, sexueller Missbrauch, Vergewaltigung, psychische oder physische Gewalt Ursachen von Brustkrebs.
Bei fünf bis zehn Prozent aller Frauen ist Brustkrebs genetisch bedingt, bei allen anderen Frauen ist die Ursache ein noch weitgehend unerforschtes, komplexes Zusammenspiel vieler verschiedener Faktoren.
Aber eines steht fest: Brustkrebs ist kein schuldhaftes Geschehen, sondern eine Krankheit, ein Schicksalsschlag, mit dem sich Menschen konfrontiert sehen.
Niemand ist also schuld – weder Sie selbst, noch Ihr Partner, noch sonst irgend
jemand!

Jetzt an Sex denken?
Erleben viele Frauen ihre Brüste im Alltag als Teil ihrer Weiblichkeit, als wichtigen Ort der Sexualität, ändert sich die Wahrnehmung, wenn eine Frau an Brustkrebs erkrankt. Plötzlich ist die Brust nur noch Ort der Krankheit, ihre sexuelle Bedeutung wird zurückgenommen, Behandlung und Heilung stehen im Vordergrund. Dennoch bleibt Sexualität im Hintergrund stets wichtig – sei es, dass der Wunsch nach gelebter Sexualität wieder auftritt, der mögliche Verlust bewusst wird oder der Druck erlebt wird, wieder sexuell ansprechbar zu werden.

Unangemessene Gedanken an Sex?
Selten findet sich im Behandlungsteam des Spitals und im sozialen Umfeld jemand, der Sie ermuntert, die Sexualität wieder aus dem Hintergrund hervorzuholen. Ganz im Gegenteil haben Sie vielleicht das Gefühl, unangemessene Gedanken zu hegen, wenn Ihnen Sexualität angesichts der Bedrohung durch Brustkrebs wichtig erscheint, weil meist auch im Gespräch mit anderen Brustkrebs-Patientinnen das Thema Sexualität ausgespart bleibt. Deshalb haben viele Frauen das Gefühl, sie wären die einzigen, die von Veränderungen in der Sexualität betroffen wären und schweigen, weil sie sich dafür schämen.

Treibende Kraft Sexualität
Sexualität ist eine treibende Kraft des Lebens und leistet einen positiven Beitrag
zum Gesundungsprozess – Tempo, Inhalt und Stimmigkeit sind jedoch ganz Ihren Bedürfnissen und Ihrem Gestaltungswillen überlassen.

Sexualität und Arzneimittelwirkungen
Es ist normal, dass als Folge der Diagnose Brustkrebs Sexualität meist für längere Zeit eingestellt wird – die Bewältigung der Krise, die Durchführung einer Krebsbehandlung, das Wiedererlangen des seelischen Gleichgewichtes sind wichtiger. Dass Sexualität während oder nach Ende der Behandlung nicht automatisch wieder zurückkehrt, ist oft eine direkte Folge der Krebsbehandlung und ihrer unerwünschten Arzneimittelwirkungen. Unerwünschte Behandlungswirkungen verändern die körperliche Selbstwahrnehmung und können daher das sexuelle Wohlbefinden erschweren.
Jedoch nicht alle Patientinnen müssen unerwünschte Arzneimittelwirkungen immer gleich stark verspüren, manche Patientinnen erleben auch gar keine.
Je nach Behandlungsform berichten Patientinnen über die folgenden, mehr oder weniger stark ausgeprägten unangenehmen Wahrnehmungen:

Nach der Operation:
Schmerzen im Brustbereich, Hautsensibilitätsstörungen am Oberarm, im Brustbereich, in der operierten Achselhöhle, Bewegungseinschränkungen, Narbenschmerzen, Spannungsgefühle, nach einer Entfernung von Lymphknoten aus der Achselhöhle eine Schwellung des betroffenen Armes, die besonders nach Anstrengungen auftreten kann.

Während der Chemotherapie:
Müdigkeit und allgemeine Schwäche, Unwohlsein, Übelkeit/manchmal Erbrechen, Haarausfall (Kopfhaare, aber auch alle anderen Körperhaare können je nach der Art der verabreichten Chemotherapie mehr oder weniger stark ausfallen, im Extremfall kann es zu einem vorübergehenden völligen Verlust des Kopfhaares kommen), Verstopfung, Geschmacksveränderungen, Überempfindlichkeit im Mundraum, Empfindlichkeitsstörungen, sowie eine Rötung und Schuppung an den Händen und Füßen, Knochenschmerzen nach Spritzen gegen Absinken der weißen Blutkörperchen, Veränderungen an oder Ablösen der Finger- und Fußnägel.

Während der Strahlentherapie:
Müdigkeit, Hautrötungen im bestrahlten Bereich, erhöhte Empfindlichkeit der bestrahlten Stelle, bräunliche Farbveränderungen der Haut, eine Schwellung der bestrahlten Brust, die sich in den nachfolgenden Monaten in eine Verdickung der Haut umwandeln kann.

Während der antihormonellen Therapie:
Abnahme des sexuellen Interesses, erschwerte sexuelle Erregbarkeit, trockene Haut und trockene Schleimhäute (insbesondere auch der Scheide), dadurch Schmerzen beim Sex, Hitzewallungen, Schlafstörungen, vorübergehendes Aussetzen, aber oft auch vorzeitiges Ende der Regelblutung und der Fruchtbarkeit, dünnere Haare, diffuser, für nicht Betroffene meist kaum merklicher Haarausfall, Gelenkschmerzen, Muskelschmerzen, Herzklopfen / Herzrasen, Gewichtszunahme.

Während zielgerichteter biologischer Therapien:
Da diese Substanzen unterschiedliche Wirkmechanismen aufweisen, sind auch die Profile der unerwünschten Arzneimittelwirkungen sehr unterschiedlich. Wenden Sie sich in jedem Fall bei unerwünschten Arzneimittelwirkungen an Ihre behandelnde Ärztin/Ihren behandelnden Arzt.

Worauf muss ich mich einstellen?
Sie können damit rechnen, dass die beschriebenen Beeinträchtigungen in der Sexualität bei den meisten Frauen zumindest vorübergehend eintreten. Ihr Körper wird unangenehmen, aber der Heilung dienenden onkologischen Behandlungen ausgesetzt. Diese hinterlassen Spuren, prägen partnerschaftliche Sexualität über längere Phasen, stellen Belastungen dar, die erst bewältigt und integriert werden müssen.
Viele Frauen brauchen eine längere Zeit der Abstinenz, ehe sie sich wieder den eigenen sexuellen Bedürfnissen und denen des Partners stellen können. Sie haben gerade erst das Gefühl überstanden, sich der medizinischen Behandlung ausliefern zu müssen. Eben noch war die körperliche Wahrnehmung auf das Aufspüren von Schlechtem, Krankmachendem gerichtet.

Dem eigenen Körper wieder trauen lernen
Die Frage: „Darf ich dem Körper, der diese Krankheit Brustkrebs ‚gegen mich’ produziert hat, wieder trauen, kann ich mit diesem ‚verletzten’ Körper wieder Lust und Nähe erleben?“ ist vielen Frauen vertraut. Es braucht eine Phase der Selbstfindung, des sich neu Spürens und positiv Erlebens, um Sexualität wieder möglich zu machen. Wie lange diese Phase dauert, hängt völlig von Ihnen, Ihren Befindlichkeiten und Bedürfnissen ab.
Ziel könnte sein, die Phase des „Überwältigtwerdens“ durch die onkologischen Behandlungen hinter sich zu lassen, um wieder in die Phase der Zuwendung zu sich selbst und zum Partner eintreten zu können. Das heißt, es braucht Zeit, Abstand sowie bewusste Auseinandersetzung, um mit demselben Körper wieder Öffnung, Nähe und Intimität zulassen zu können.
Gute Sexualität hat immer etwas mit Schenken zu tun – und verschenken können Sie nur etwas, das Sie haben und hergeben können, ohne sich selbst zu schädigen. Also ist zunächst alles, was Sie stärkt, nährt und wieder ins Gleichgewicht bringt, die Voraussetzung für gemeinsame Sexualität.

Männer und Frauen – Wer darf wann was wollen?
Viele Partner von Brustkrebs-Patientinnen leiden zunehmend mit der Dauer der Behandlung unter dem Gefühl, ihre sexuellen Bedürfnisse (noch) nicht äußern zu dürfen. Sie scheuen sich daher, ihre erkrankten Partnerinnen mit ihren sexuellen Wünschen zu behelligen. Es ist aber völlig in Ordnung, diese Spannungssituation durch Ansprechen zu entlasten, wenn damit nicht gleichzeitig die Erwartung einhergeht, dass seine Wünsche umgehend befriedigt werden. Dieser Wunsch ist einerseits eine Information über seine Befindlichkeit als Mann und anderseits der Ausdruck seines Interesses an Sexualität mit und Nähe zu Ihnen als Frau, auch wenn Sie sich Ihrer Attraktivität als Frau unter diesen erschwerenden Randbedingungen möglicherweise gar nicht bewusst sind. Auf diesen Wunsch, gehört und wahrgenommen zu werden, sollten Sie sich einlassen. Wenn daraus Druck entsteht, sollten Sie sich abgrenzen und Zeit nehmen, bis es für Sie passt.

Verschiedene Artikulation - gleiches Bedürfnis
Für viele Frauen führt der Weg zur Sexualität über Nähe, Zärtlichkeit und Geborgenheit – Männer hingegen beginnen ihren Weg zu Nähe und Geborgenheit oft über Sexualität. Daraus ergeben sich häufig Probleme: Frauen mit Brustkrebs vermeiden Situationen, die zu Sexualität führen könnten, um sich nicht zu überfordern, Männer wissen oft nicht, wie Nähe und Zärtlichkeit ohne Sexualität herstellbar ist. Die Folge kann Traurigkeit und Einsamkeit sein – beide fühlen sich unverstanden und ziehen sich im Extremfall zurück.

Abstinenz ist normal
Es kommt sehr häufig vor, dass Paare nach einer Brustkrebs-Erkrankung längere Zeit keinen Sex haben und abstinent leben. Grund ist, dass viele Frauen vom Trauma Brustkrebs und der darauf folgenden Behandlung so überwältigt worden sind, dass sie alle ihre psychischen Ressourcen für sich benötigen und nichts zu verschenken haben.
Das Angebot der Männer zur gemeinsamen Sexualität wird von Frauen in dieser Situation oft grundsätzlich negativ als Forderung und zu erfüllende Erwartungshaltung erfahren. Die mitgelieferten positiven Aspekte der Hinwendung und des Interesses können daher gar nicht wahrgenommen werden.
Öffnen Sie sich der legitimen Botschaft „Ich bin und bleibe an dir interessiert“ und weisen Sie die illegitime Forderung „Stehe zu meiner Befriedigung zur Verfügung“ zurück!

Ein Beispiel:
Bei Frau X. wurde die Brust entfernt; es fiel ihr sehr schwer, ihren veränderten Körper ihrem Mann zu zeigen. Der Mann legte seine Hand vorsichtig auf die amputierte Stelle – und Frau X. schreckte empört zurück. Im Gespräch war sie zornig auf ihren Mann, dass „er in so einem Moment an Sex denken kann“. Im weiteren Gesprächsverlauf konnte geklärt werden, dass der Mann keineswegs unmittelbar Sex wollte, sondern mit dieser Geste demonstrieren wollte: „Ich akzeptiere dich so, wie du bist, ich schrecke nicht davor zurück, dich zu berühren“. Da die Geste aber vor der Operation als sexuelle Handlung existierte, hat Frau X. sie im neuen Kontext ebenfalls sexuell interpretiert und sich falsch verstanden gefühlt.
In Ihrer Geschichte als Paar haben Sie Ihre ganz individuellen Lösungsansätze entwickelt, die lange funktioniert haben. Nun ist durch die Krankheit Brustkrebs und ihre Folgen eine Unterbrechung des Gewohnten, Vertrauten eingetreten, das nicht an derselben Stelle wieder aufnehmbar ist. Es ist notwendig und auch möglich, neue Lösungsansätze zu entwickeln, die die erlebten Veränderungen berücksichtigen.
Anhand unseres Beispieles könnte Frau X. z.B. sinngemäß sagen: „Ich zeige dir jetzt meine verheilende Wunde. Sieh das als großen Vertrauensbeweis, ich fühle mich total verunsichert und habe Angst vor deiner Reaktion in zweierlei Hinsicht: du könntest dich entweder geschockt abwenden oder mir zu nahe kommen. Bitte geh auf mich zu, aber geh in der Situation sofort einen halben Schritt zurück, wenn ich dir signalisiere, dass es mir zuviel ist“.

Nur für Männer...
Erfolgreiche Eroberungsstrategien setzen die Fähigkeit voraus, Ablehnung nicht als Zurückweisung meiner Person zu interpretieren, sondern als Ablehnung meines Angebotes. Es ist nicht der richtige Ort, die richtige Zeit, zu spät oder zu früh – aber ich bin der richtige Mann. Früher nannte man das „einen Korb erhalten und den Korb gut wegstecken können“. Sie wissen ja, dass Frauen viel kompliziertere Wesen als wir Männer sind und wir daher die Randbedingungen, die für Frauen wichtig sind, gar nicht erfassen können. Daher sind wir darauf angewiesen, den Frauen Angebote zu machen und ihnen die Wahl zu überlassen, ob und wann sie unser Angebot annehmen können (weil die Randbedingungen JETZT passen).
Oder, nochmals altmodisch: es geht um Werbung, nicht um Forderung.

Nur für Frauen...
Ich brauche als Frau die Sicherheit, das Angebot auch ablehnen zu dürfen, ohne meinen Partner zu beleidigen und zu verletzen, sonst ist Rückzug die sicherere Lösung.
Wenn ich ein Angebot nicht ablehnen kann, wird daraus sofort eine (Über-)Forderung.
Wenn ich ein Angebot ablehnen darf, bleibt es eine in die Zukunft fortwirkende, liebevolle Geste der Zuwendung und des Interesses an mir.
Bekomme ich Angebote statt Forderungen, kann ich zu dem Zeitpunkt darauf reagieren, zu dem ich wieder in der Lage bin, mich dem Anderen liebevoll und erotisch zuzuwenden.

Zurück zur Sexualität!
Viele Brustkrebs-Patientinnen und ihre Partner wünschen sich, so schnell wie möglich wieder in der Sexualität (und auch in ihrem übrigen Leben) zu dem Punkt zurückzukehren, bevor Brustkrebs über sie hereingebrochen ist. Das ist sehr verständlich, aber so nicht verwirklichbar.
Denn Erfahrungen, besonders so heftige, intensive und mitunter traumatische, wie Sie sie im Zusammenhang mit Ihrer Brustkrebs-Erkrankung und -Behandlung gemacht haben, lassen sich nicht einfach ungeschehen machen.
Genauso wie eine Geburt, eine Trennung von einem Partner, ein Schwangerschaftsabbruch oder ein besonders intensives sexuelles Erlebnis Spuren in Ihrem Leben hinterlassen und Sexualität dadurch in einem anderen Licht erscheint, wird auch Brustkrebs zu Veränderungen führen.

Alles auf Anfang
Erweiterungen, Beschränkungen, veränderte Sensitivitäten, andere Erwartungshaltungen, aber auch der Ausbruch aus eingefahrenen Verhaltensweisen werden möglich: die Erlaubnis, die man sich selbst geben kann, in neue erotische Phantasien einzusteigen, die Einladung an den Partner, dabei ein Stück mitzugehen, aber auch einen Teil nur ganz für sich zu behalten.
Das kann für den Anfang heißen: erogene Zonen wieder zu finden und eventuell neu zu entdecken, wieder lernen, die verletzten und nicht-verletzten Körperstellen liebevoll zu berühren und sich ihnen bewusst zuzuwenden, sie im Alltag nicht rüde auszublenden, sondern sie z.B. besonders aufmerksam und behutsam einzucremen, zu streicheln.

Zuerst alleine auf die Reise gehen
Oft macht es Sinn, den weiteren Schritt in die Erotik zunächst alleine zu gehen, Lust und Erotik an Ihnen und für Sie selbst neu zu entdecken und wieder „in Betrieb zu nehmen“. Selbstbefriedigung ist gut und wichtig.
Wenn Sie bereit sind, sich wieder auf Sexualität mit Ihrem Partner einzulassen, macht es Sinn, ihn sanft aber bestimmt darauf hinzuweisen, dass für Sie möglicherweise andere Vorgangsweisen, andere Körperregionen oder andere Zeitabläufe angenehmer wären.

Lassen Sie sich wieder ein
Kurzum: es geht um das Einlassen auf den Prozess, Sexualität miteinander neu zu entwickeln, den Sie schon mehrfach gemeinsam gemeistert haben – Sie können auch hier auf Ihre Erfahrungen zurückgreifen.

Nach Brustkrebs (wieder) schwanger?
Brustkrebs kann in einem Alter auftreten, in dem Ihr Kinderwunsch noch nicht umgesetzt bzw. noch nicht abgeschlossen ist. Gerade in der Phase, in der Brustkrebs diagnostiziert wird, kann Ihnen sehr schmerzlich bewusst werden, dass da ein wichtiger zukünftiger Teil Ihres Leben ist, der durch die Erkrankung mit Brustkrebs gefährdet erscheint.
Folgende Informationen können in diesem Zusammenhang für Sie wichtig sein:
Selbst wenn Sie eine Chemotherapie und/oder eine antihormonelle Therapie erhalten sollten, heißt das nicht, dass Ihre Fruchtbarkeit dadurch automatisch beendet ist.
Gerade jüngere Frauen können durchaus danach ganz normal schwanger werden, auch wenn es mit zunehmendem Alter schwieriger wird, nach einer abgeschlossenen Chemotherapie/antihormonellen Therapie ein Kind zu empfangen. Manche Onkologinnen/Onkologen empfehlen zur Sicherheit die Entnahme von Gewebe aus dem Eierstock, um dieses vor der Chemotherapie zu schützen und zu einem späteren Zeitpunkt wieder in den Körper einzusetzen. Diese Methode ist allerdings noch sehr jung, es gibt bisher nur wenige Daten über ihren praktischen Nutzen.

Schwangerschaft und Chemotherapie
Während der Chemotherapie kann (muss aber nicht immer) die Regelblutung ausbleiben, mit großer Wahrscheinlichkeit können Sie während einer Chemotherapie nicht schwanger werden.
Da es aber ganz besonders wichtig ist, dass Sie während einer Chemotherapie auf gar keinen Fall schwanger werden, sollten Sie trotzdem verhüten. Gerade im ersten Drittel einer Schwangerschaft kann es unter dem Einfluss einer Chemo- oder Hormontherapie zu Missbildungen und Fehlgeburten kommen, da sich bis zur 12. Woche die Organentwicklung vollzieht.
Um Ihnen die äußerst belastende Situation zu ersparen, sich neben einer onkologischen Therapie auch noch mit einem Schwangerschaftsabbruch auseinandersetzen zu müssen, ist Empfängnisverhütung während des gesamten onkologischen Behandlungsprozesses notwendig (siehe Kapitel: „Welche Arten von Empfängnisverhütung sind möglich und sinnvoll?“).
In späteren Stadien einer Schwangerschaft, wenn die Organbildung abgeschlossen ist, kann, wenn dies unbedingt notwendig ist, eine Chemotherapie mit bestimmten Substanzen durchgeführt werden. In jedem Fall wird Ihre betreuende Onkologin/Ihr betreuender Onkologe die Für und Wider einer solchen Behandlung und die Risiken für Sie und Ihr Kind genau mit Ihnen und gegebenenfalls mit Ihrem Partner gemeinsam besprechen.

Schwangerschaft nach Brustkrebs
Eine Schwangerschaft nach Brustkrebs erhöht Ihr Risiko, dass die Krankheit wieder auftreten könnte, nicht, denn das Risiko des Wiederauftretens von Brustkrebs hängt vor allem von den biologischen Eigenschaften eines Tumors ab. Es ist jedoch in diesem Zusammenhang wichtig für Sie zu klären, wie hoch das Risiko ist, dass Brustkrebs bei Ihnen wieder auftreten könnte.
Dies sollten Sie am sinnvollsten in einem ausführlichen Gespräch mit einer erfahrenen (gynäkologischen) Onkologin/einem erfahrenen (gynäkologischen) Onkologen und Ihrem Partner thematisieren.
Generelle Empfehlungen sind hier schwer möglich, weil in eine sinnvolle individuelle Beratung die Eigenschaften Ihres Tumors, das Wissen, dass es in den ersten zwei bis drei Jahren nach der Behandlung am häufigsten zum Wiederauftreten der Erkrankung kommen kann, Ihre familiäre Situation und Ihr Alter einfließen sollten.
Es gibt auch keine generellen Empfehlungen, wann eine Schwangerschaft angestrebt werden kann; viele Expertinnen/Experten halten es jedoch für sinnvoll, zumindest ein Jahr nach Abschluss einer Chemotherapie abzuwarten, bevor eine Schwangerschaft geplant wird. Körper und Psyche haben so die Möglichkeit, sich von den Folgen onkologischer Behandlungen ausreichend zu erholen und sind besser bereit für die Freuden, aber auch die Herausforderungen einer Schwangerschaft.
Wenn eine Frau eine antihormonelle Therapie (statt einer Chemotherapie oder anschließend an eine solche) erhält, so ist es ebenfalls sinnvoll, die Umsetzung des Kinderwunsches mit der behandelnden Onkologin/dem behandelnden Onkologen zu besprechen; gynäkologische OnkologInnen, die eine solche Schwangerschaft in der Folge auch begleiten können, sind dabei besonders erfahren.
Empfehlungen sind auch hier wieder nur in Abwägung Ihres persönlichen Risikos, abhängig von den biologischen Eigenschaften Ihres Primärtumors, Ihres Alters und Ihrer Familiensituation möglich.
Als Frau oder Paar ein Kind zu planen ist immer eine zutiefst persönliche Entscheidung; niemand außer Ihnen und Ihrem Partner ist berechtigt, diese Entscheidung zu treffen.
Es macht aber Sinn, sich nach einer Brustkrebs-Erkrankung mit folgenden Fragen auseinanderzusetzen und sich aktiv kompetente medizinische und psychoonkologische Beratung zu holen:
Wie hoch ist mein Risiko, dass Brustkrebs bei mir in Form von Metastasen wieder auftritt? (ausführliches Beratungsgespräch mit erfahrener (gynäkologischer) Onkologin/erfahrenem (gynäkologischen) Onkologen empfohlen)
Wenn wir uns für ein Kind entscheiden und der Fall eintreten sollte, dass meine Krankheit weitergeht und mir schlimmstenfalls der Tod bevorsteht, wer wäre dann für mein Kind verantwortlich?
Habe ich Menschen in meiner Familie und in meinem Freundeskreis, denen ich mein Kind im schlimmsten Fall anvertrauen könnte?
Das sind sehr schwierige, schmerzliche Fragen für Brustkrebs-Patientinnen und ihre Partner; dennoch ist es ein Zeichen verantwortungsvoller Elternschaft, diese Themen nicht auszublenden, sondern bewusst darüber zu reden und Lösungen anzudenken.
Besonders die Einschätzung Ihres persönlichen Risikos sollten Sie mit der behandelnden Onkologin/dem behandelnden Onkologen diskutieren und unter Umständen eine erfahrene Psychoonkologin/einen erfahrenen Psychoonkologen beiziehen; von Informationen aus dem Internet als alleiniger Informationsquelle raten wir wegen der Komplexität des Themas ab.

Arten von Empfängnisverhütung
Wie schon im vorherigen Kapitel erwähnt, ist Empfängnisverhütung während des gesamten onkologischen Behandlungsprozesses empfehlenswert, um Ihnen zusätzliche psychische Belastungen zu ersparen.
Grundsätzlich dürfen Sie nicht mehr mit empfängnisverhütenden Mitteln verhüten, die Hormone (Östrogen und Gestagen) enthalten. Der Grund dafür ist, dass viele Tumorzellarten bei Brustkrebs durch diese Hormone „gefüttert“ werden können und Hormone dadurch Ihr Brustkrebs-Risiko erhöhen. Damit fallen leider beliebte Verhütungsmittel wie die Pille, Minipille, Drei-Monatsspritze, Hormonpflaster und implantierbare Hormonstäbchen gänzlich aus.
Die Ungefährlichkeit von hormonhaltigen, aber nur lokal wirkenden Verhütungsmitteln wie Spiralen mit Hormondepot und Scheidenringe, die Hormon abgeben, werden von OnkologInnen immer wieder diskutiert. Manche halten sie für vertretbar, andere wieder raten ausdrücklich davon ab.

Schwierige Entscheidungen
Am sinnvollsten sind Methoden wie Kondome, kupferhältige Spiralen, Unterbindung des Samenleiters des Mannes oder der Eileiter der Frau. Wenn die Wahl zwischen Samen- oder Eileiterunterbindung besteht, also Mann und Frau sich diese endgültige Lösung vorstellen können, so ist zu sagen, dass der Eingriff beim Mann wesentlich einfacher durchzuführen und mit weniger Risiko (keine Vollnarkose, kein Bauchschnitt) verbunden ist.
Auch die Entfernung der Eierstöcke kann bei Brustkrebs-Patientinnen, die noch vor dem Wechsel stehen, eine sinnvolle Möglichkeit in zweierlei Hinsicht sein: durch die Entfernung beider Eierstöcke wird die Quelle körpereigener Geschlechtshormonen entfernt – und damit neben einer endgültigen Empfängnisverhütung auch gleichzeitig eine wirksame antihormonelle Krebsbehandlung erzielt.

Hormonersatztherapie?
Leider dürfen Sie auch keine Hormonersatztherapie gegen Wechselbeschwerden, die anderen Frauen ohne Brustkrebs verschrieben werden kann, einnehmen. Der Grund dafür ist wieder, dass Brustkrebs-Tumorzellen durch die Hormone Östrogen und Gestagen genährt und damit gestärkt werden können, und das wäre zu Ihrem Schaden.
Es ist bekannt, dass besonders die antihormonelle Therapie Wechselbeschwerden (inklusive der Auswirkungen auf Ihre Sexualität) auslösen oder verstärken kann. Auch hier ist der Einsatz von Hormonen nicht möglich (denn es würde keinen Sinn machen, Ihnen zum Schutz vor einem Auftreten eines Brustkrebs-Rezidivs oder einer Metastasierung die Hormone Östrogen und Gestagen medikamentös zu entziehen und Ihnen mit einem anderen Medikament wieder zuzuführen). Es gibt aber andere Möglichkeiten nicht-hormoneller Art, Ihre Wechselbeschwerden zu lindern (siehe Kapitel „Was hilft gegen unerwünschte Arzneimittelwirkungen der weiterführenden Brustkrebs-Behandlung, die meine Sexualität beeinflussen können?“).

Sexualität und Metastasierung
Wenn Metastasen auftreten, ändert sich das Ziel der Behandlung: nicht mehr Heilung wird angestrebt, sondern die Eindämmung des Metastasenwachstums für möglichst lange Zeit zur Erhaltung der Lebensqualität unter möglichst guten Bedingungen. Wir möchten Sie ermutigen, Ihr Leben so lange wie möglich mit guten Dingen zu füllen, auch wenn das Ende Ihres Lebens aus unermesslicher Entfernung langsam ins Blickfeld kommt.
Oft macht eine Depression das Erleben der immer noch lebenswerten Dinge unmöglich; ein Antidepressivum kann eine sehr gute Hilfe sein, die Stimmung zu verbessern und damit die Möglichkeit zu eröffnen, den Erlebnisradius zu erweitern. Auch die Belastung durch Schmerz wird durch eine antidepressive Behandlung bei vielen Menschen verringert. Medikamente wie Schmerzpflaster und andere opiathaltige Medikamente helfen ausgezeichnet gegen chronische Schmerzen, können allerdings das Erleben von Lust stark beeinträchtigen. Ihre behandelnden ÄrztInnen können Sie dabei unterstützen, die für Sie passende Lösung zu finden.
Für alle Dinge gibt es eine Zeit des Abschieds: Sie haben vielleicht schon vor Jahren eine bestimmte Sportart aufgegeben oder aufgehört, bestimmte Arten von Musikveranstaltungen zu besuchen. In ähnlicher Weise kann das Bedürfnis, Ihre Sexualität einzustellen, auf Sie zukommen. Wann der passende Zeitpunkt dafür gekommen ist, bestimmen ausschließlich Sie.

Einige Dinge sollten Sie wissen!
Sexualität zu haben verschlechtert Ihre Lebensprognose in keiner Weise!
Für Ihre Lebensqualität bei Knochenmetastasen ist es wichtig, auf die Stabilität Ihres Stütz- und Bewegungsapparates Rücksicht zu nehmen. Die Stellung, in der Sie Sex haben, ist dabei von großer Bedeutung. Fragen Sie Ihre Onkologin/Ihren Onkologen dazu um Rat – es ist wichtig, dieses Thema detailliert anzusprechen, damit Sie die Sicherheit bekommen, sich nicht einem zusätzlichen Risiko auszusetzen.
Lebermetastasen können Druckschmerz erzeugen; hier kann eine seitliche Stellung Sex möglich machen, wenn Sie Lust darauf haben. Möglicherweise ist es Ihnen angenehmer, sich gegenseitig mit der Hand zu befriedigen, um unangenehme Positionen zu vermeiden.
Gehen Sie bitte nicht davon aus, dass Sie für Ihren Partner nur dann attraktiv sind, wenn Sie dem gängigen Schönheitsideal der gesunden, jungen Frau entsprechen. Es geht für die meisten Partner um die Begegnung mit der Frau, die sie lieben – und das schon seit Jahren.

Sexualität während einer weiterführenden Therapie nach Brustkrebs
iele Brustkrebs-Patientinnen bekommen von ihren OnkologInnen nach Abschluss der lokalen Behandlung (OP, Strahlentherapie) weitere Behandlungsmöglichkeiten angeboten (Chemotherapie, antihormonelle Therapie, Antikörpertherapie), die sie vor dem Wiederauftreten der Krankheit schützen sollen.
Immer mehr Bedeutung gewinnen dabei antihormonelle Therapieformen, die über Jahre als Tabletten einzunehmen sind und deren Schutzwirksamkeit gegen Rezidive und die Bildung von Metastasen in vielen Studien nachgewiesen wurde. Die Daten überzeugen – dennoch weiß man auch, dass viele Frauen diese für sie so wichtige Schutzmöglichkeit nur ungenügend nützen.
Wenn man sich die Situation dieser Frauen ansieht, gibt es für dieses Verhalten gut nachvollziehbare Gründe:
• Es gibt ein ganz großes Bedürfnis bei vielen Frauen, die Zeit der Krankheit Brustkrebs und der onkologischen Behandlung hinter sich zu lassen und nicht täglich durch die Tabletteneinnahme daran erinnert zu werden.
• Bei diesen vorbeugenden, über Jahre einzunehmenden Medikamenten können unerwünschte Arzneimittelwirkungen auftreten, von denen die Patientinnen oft überrascht werden, weil sie im ärztlichen Gespräch eher auf wichtige gesundheitsfördernde Wirkungen und weniger auf subjektiv unangenehme unerwünschte Arzneimittelwirkungen hingewiesen werden.
• Weiters ist es problematisch, dass der Nutzen der Behandlung (nämlich der Erhalt der Gesundheit) nicht gleich spürbar ist, die möglichen unerwünschten Arzneimittelwirkungen aber sofort eintreten können.
Sie müssen sich also leider mit der Tatsache auseinandersetzen, dass Schutz gegen das Wiedererkranken an Brustkrebs mit unerwünschten Arzneimittelwirkungen verbunden sein kann.
Sie sollten aber wissen, dass die körperlichen unerwünschten Arzneimittelwirkungen (vor allem Hitzewallungen, Schlafstörungen, verminderte sexuelle Lust, trockene Scheide) durch informierte ÄrztInnen und geeignete unterstützende Medikamente gut in den Griff zu bekommen sind.

Permanente Auseinandersetzung
Wenn Sie die Schutzmöglichkeiten einer langfristigen Therapie nützen wollen, setzen Sie sich damit gleichzeitig der permanenten Auseinandersetzung mit Ihrer gesundheitlichen Situation und Ihrer Prognose aus. Das kann schwierig sein, weil Angst und Sorge um die Gesundheit immer wieder spürbar werden. Sie haben die Alternative, diese psychischen Belastungen auszublenden, wenn Sie auf Kontrollen, Untersuchungen und die Einnahme von schützenden Medikamenten verzichten, allerdings nehmen Sie damit langfristig gesundheitliche Nachteile in Kauf. Es ist Ihr gutes Recht, sich jederzeit so oder so zu entscheiden.
Die schlechteste Wahlmöglichkeit, die Sie haben, ist, die weiterführende antihormonelle Therapie zu Gunsten Ihres Partners zu beenden, um für seine sexuellen Bedürfnisse ungehindert zur Verfügung stehen zu können. Sie machen ihn damit gleichzeitig in Ihren Augen zum möglichen Verkürzer Ihrer Lebenserwartung.
Es gilt daher, IHRE EIGENE ENTSCHEIDUNG bezüglich der medizinischen Therapie zu treffen: Sie wägen ab, was für Sie wichtiger ist – höhere Risikoreduktion für Ihre Gesundheit oder unbeeinträchtigtere sexuelle Erlebnisfähigkeit. Das sind dann die Rahmenbedingungen, unter denen Sie sich mit Ihrem Partner über die gemeinsame Sexualität auseinandersetzen.

Das sollten Sie tun:
Wir schlagen Ihnen daher folgende Vorgangsweise vor, wenn Sie Zweifel haben oder eine Therapie abbrechen wollen:
• Reden Sie mit Ihrer behandelnden Onkologin/Ihrem behandelnden Onkologen darüber – was sie/er nicht weiß, kann sie/er nicht verbessern.
• Seien Sie hartnäckig – Ihre Gesundheit und Ihre Lebensqualität sind wichtig! Wenn Sie von einer Expertin/einem Experten keine aussagekräftige Antwort bekommen, suchen Sie sich eine andere Expertin/einen anderen Experten.
• Fragen Sie immer wieder nach – Behandlungsmöglichkeiten entwickeln sich, und es könnte neue, verbesserte Möglichkeiten für Sie geben.
• Führen Sie die Diskussion: „Was ist medizinisch sinnvoll – was ist für mich lebensqualitätsmäßig umsetzbar?“
Nach umfassender Beratung und Diskussion treffen Sie in Vereinbarung mit Ihrer
Ärztin/Ihrem Arzt die für Sie passende Entscheidung.

Gespräche über schwierige medizinische Entscheidungen
Wenn Sie gemeinsam mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt zu einer Übereinstimmung kommen wollen, was für Sie die beste vorbeugende Therapie ist, die Sie in Zukunft am erfolgversprechendsten vor einem Wiederauftreten der Krankheit Brustkrebs schützt, macht es Sinn, einige Punkte vorher zu bedenken:
Die Ärztin/der Arzt ist die Expertin/der Experte für ihr/sein Fachgebiet – Sie sind die Expertin für sich selbst und Ihr Leben. Nehmen Sie also den ärztlichen Rat wichtig, teilen Sie der Ärztin/dem Arzt aber auch Ihre Gefühle, Bedenken, Ängste, Hoffnungen und Erwartungen mit. Gute Lösungen können nur im Austausch von Informationen und in gegenseitigem Respekt gefunden werden.
• Ersuchen Sie um einen Gesprächstermin mit ausreichend Zeit.
• Schreiben Sie auf, was Sie fragen wollen. Im Gespräch sind viele Frauen aufgeregt und vergessen Punkte, die ihnen wichtig sind.
• Nehmen Sie sich eine Person Ihres Vertrauens mit zum Gespräch, mit der Sie vorher klären, was Ihnen wichtig ist. Wenn Sexualität ein wichtiges Thema ist, sollte es eine Person sein, vor der Sie diesbezüglich keine Scheu haben.
• Scheuen Sie sich nicht davor, Themen anzuschneiden, die für Ihre Lebensqualität und Ihre Sexualität wichtig sind. Medizinische Behandlungen, selbst wenn sie mit Veränderungen in Ihrer Sexualität verbunden sind, können leichter akzeptiert werden, wenn es möglich ist, über unangenehme unerwünschte Arzneimittelwirkungen zu sprechen und sich damit ernst genommen zu fühlen.
• Nehmen Sie sich die Zeit, die Sie brauchen, um zu einer guten, für Sie passenden Entscheidung zu kommen. Es ist nicht notwendig, innerhalb weniger Minuten Entscheidungen über weiterführende onkologische Behandlungen zu treffen. Sie können in Ruhe einige Zeit darüber nachdenken, um zu einer guten Entscheidung zu gelangen. Besprechen Sie einen sinnvollen Zeitrahmen mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt.
• Überlegen Sie: was brauche ich eventuell noch, um eine gute Entscheidung treffen zu können?
Im nächsten Kapitel finden Sie einen international anerkannten und validierten Fragebogen, der vielleicht eine Entscheidungshilfe für Sie darstellt.

Was hilft gegen unerwünschte Arzneimittelwirkungen?
Wir möchten Ihnen hier Grundinformationen vermitteln, die Sie mit Ihrer behandelnden Ärztin/Ihrem behandelnden Arzt besprechen sollten; vor allem Ärztinnen/Ärzte aus den Fachbereichen Onkologie, gynäkologische Onkologie und Psychiatrie haben damit besonders viel Erfahrung.
Wahrscheinlich hatten Sie bereits Kontakt mit (gynäkologischen) Onkologinnen/Onkologen – der Vorschlag, eine Fachärztin/einen Facharzt für Psychiatrie um Rat zu fragen, mag manche Menschen vielleicht verwundern. Tatsache ist aber, dass PsychiaterInnen das Wissen haben, wie man unerwünschte Arzneimittelwirkungen wie Hitzewallungen und Schlafstörungen nicht-hormonell sehr gut behandeln kann – holen Sie sich Unterstützung von den Spezialistinnen/Spezialisten, die davon am meisten verstehen.

Scheidentrockenheit
Örtlich angewendete östrogenhaltige Cremes oder Zäpfchen, 1-2 x pro Woche; nicht östrogenhaltige Zäpfchen, Gleitgel oder Vaseline beim Verkehr

Schlafstörungen
Antidepressiva mit schlaffördernder Wirkung; pflanzliche Therapien mit Auszügen aus Baldrian, Hopfen, Melisse oder Passionsblume. Weitere unterstützende Maßnahmen kann die komplementäre Medizin und/oder die Traditionelle chinesische Medizin bieten. Auch Yoga und Bäder mit ätherischen Ölen können Frauen helfen.

Hitzewallungen, Depressionen, sexuelle Lustlosigkeit
Antidepressiva, Antiepileptika, bei Hitzewallungen auch Akupunktur, Kneippbäder und Yoga

Abbau von Knochensubstanz (Osteoporose)
Orale Therapie mit sogenannten Bisphosphonaten (hemmen weiteren Knochenabbau) täglich, 1 x pro Woche oder einmal monatlich, in Kombination mit täglich eingenommenen Calcium-Vitamin-D-Tabletten, zusätzlich regelmäßig Bewegung

Unsere Ressourcen aus der Vergangenheit
Viele Paare, deren Sexualität durch Brustkrebs unterbrochen wurde, erwarten, dass nach einer gewissen Zeit Sexualität wieder genauso funktioniert wie früher. Das klappt oft nicht,: haben doch viele Paare im Lauf des gemeinsamen Lebens eine Routine in der Sexualität entwickelt, die sich dadurch ausgezeichnet hat, dass einige wenige sexuelle Handlungen durchgeführt wurden, deren Vorbereitung und Nachhall häufig mangels Zeit oder weil andere Dinge mehr Bedeutung beansprucht haben, weggelassen wurden.

Achtung: Überforderung meiden
Diese „verkürzten Varianten“ sind nach Brustkrebs für viele Frauen eine Überforderung: das (zu schnelle) Eindringen kann unangenehm sein, hat man doch gerade erst mit demselben Körper Behandlungen ertragen müssen, die notwenig, aber unangenehm waren, wo aber die Möglichkeit, sich dagegen auszusprechen, einen Schaden für die eigene Gesundheit dargestellt hätte – jetzt ist jedes Zuviel, jedes zu Schnell für den Körper und die Psyche eine große Überforderung.

Was hat früher Spaß gemacht?
Erinnern Sie sich wieder an Dinge, die Sie vermutlich als Paar schon mal gemeinsam erlebt haben, bevor sich Routine entwickelt hat: alle Formen der Zärtlichkeit, die erregen, Lust machen, die Partnerin/den Partner bereit machen für mehr. Was hat früher gut funktioniert, irgendwann einmal nicht mehr gepasst und könnte jetzt vielleicht wieder hilfreich sein? Erinnern Sie sich an alles, was Ihnen jemals in der Sexualität gefallen und wohlgetan hat, was Sie gereizt hat oder angeturnt hätte, auch wenn Sie es schon lange nicht mehr oder noch nie gelebt haben. Möglicherweise passt es gerade jetzt, unter den momentanen Notwendigkeiten.

Manchmal ist mehr besser
Manchmal braucht es stärkere Reize, weil durch die hormonellen Veränderungen die Erregbarkeit verändert sein kann, manchmal ist auch die eigene „Erlaubnis“ notwendig, sich selbst nach all der Verletzung und der Mühsal der Behandlung wieder Erotik zu gestatten, manchmal braucht es den Mut, sich mit dem veränderten Körper trotzdem selbstbewusst Lust und Leidenschaft zuzugestehen. Es macht Sinn, in der Vergangenheit Erprobtes heranzuholen und mit Neuem zu ergänzen, um sich wieder auf einen (gemeinsamen) Prozess in der Sexualität einlassen zu können.

Sie sind Suchende
Sehen Sie sich beide als Suchende und lassen Sie Ihren Partner und Ihre Partnerin spüren, was Ihnen gefällt, was wohl tut – in Worten und in Handlungen. Und geben Sie deutliche Zeichen, wenn es genug ist.
Es muss auch nicht gleich klappen, es darf dauern, kann mehrere Anläufe benötigen und muss auch nicht perfekt sein: wichtig ist, dass Sie sich Sexualität als wichtigen Teil Ihres (gemeinsamen) Lebens wieder einrichten, wenn Sie das wollen.

Ottawa-Leitfaden zur persönlichen Entscheidungsfindung
Dieser Leitfaden wurde für Menschen in schwierigen Entscheidungssituationen erarbeitet.
Übersetzung des Ottawa Personal Decision Guide © 2006 O‘Connor, Jacobsen, Stacey, University of Ottawa, Copyright: Ottawa Health Research Institute, Canada http://decisionaid.ohri.ca/decguide.html

Rahmenbedingungen
Mit diesen Fragen klären Sie für sich, unter welchen Rahmenbedingungen Sie Ihre Entscheidung treffen.

Informationen, Rat und Hilfe
Österreichische Krebshilfe Dachverband
Wolfengasse 4, 1010 Wien
Tel.: (01) 796 64 50 begin_of_the_skype_highlighting (01) 796 64 50 end_of_the_skype_highlighting
E-Mail: service@krebshilfe.net
Internet: http://www.krebshilfe.net/
Europa Donna Österreich – Netzwerk Brustkrebs
Tel.: (0650) 902 32 65
Internet: http://www.europadonna.at/
Empowerment für junge Frauen mit Krebs
FEM Süd Frauengesundheitszentrum im Kaiser Franz Josef Spital
Kundratstr. 3, 1100 Wien
Tel.: (01) 60 191-5201
Internet: http://www.fem.at/FEM_Sued/femsued.htm
Frauenselbsthilfe nach Krebs
Landesverein Wien
Martha-Frühwirt-Zentrum
Obere Augartenstraße 26 – 28, 1020 Wien
Tel.: (01) 332 23 48
E-Mail: info@frauenselbsthilfe-brustkrebs-wien.at
Internet: http://www.frauenselbsthilfe-brustkrebs-wien.at/
Treffpunkt Brustkrebs – Frauen helfen Frauen
Wiener Hilfswerk Nachbarschaftszentrum
Kardinal Rauscher Platz 4, 1150 Wien
Tel.: (0664) 204 90 92
Internet: http://treffpunkt-brustkrebs.at.tf/
Mamma Mia Selbsthilfe bei Brustkrebs
Hyrtlgasse 1, 2380 Perchtoldsdorf
Tel.: (01) 869 02 08
E-Mail: info@mammamia.or.at
Internet: http://www.mammamia.or.at/
knospe – Ganzheitliches Konzept bei Krebs
Montleartstraße 37, 1160 Wien
Tel.: (01) 491 50-4708
Internet: http://www.knospe.at/
Berufsverband Österreichischer Psychologinnen und Psychologen (BÖP)
Möllwaldplatz 4/4/39, 1040 Wien
BÖP Helpline: (01) 407 91 92
Internet: http://www.boep.or.at/
Österreichische Plattform für Psychoonkologie (ÖPPO)
Postfach 60, 6010 Innsbruck
Tel.: (0512) 504 23691
E-Mail: info@oeppo.com
Internet: http://www.oeppo.com/
Österreichische Gesellschaft für Psychoonkologie (ÖGPO)
Gladbeckstr. 2/3/6, 2320 Schwechat
Tel.: (02235) 47230
E-Mail: oegpo@oegpo.at
Internet: http://www.oegpo.at/
Laut Krankenanstaltengesetz (§ 22a) sind für bestimmte PatientInnen-Gruppen, dazu zählen unter anderem onkologische PatientInnen, von den Krankenanstalten ausreichende psychotherapeutische sowie klinisch psychologische und gesundheitspsychologische Hilfen im Zuge Ihres Aufenthaltes vorzusehen.
Fragen Sie daher ruhig nach, ob Sie einen Termin mit der zuständigen Psychologin/dem zuständigen Psychologen vereinbaren können! Wenn die Abteilung, an der Sie behandelt werden, über keine eigene Psychologin/keinen eigenen Psychologen verfügt, fragen Sie in der Ärztlichen Direktion Ihres Krankenhauses nach.
