Sexualstörungen bei der Frau: Beschreiben Sie Ihr Problem
Ein Sexualproblem beginnt, wenn unser System irritiert ist. Um es wieder ins Gleichgewicht zu bringen, müssen wir uns auf die Suche nach den Ursachen begeben.
Sich selbst zu erkennen, birgt allerdings immer auch ein Risiko! Auf die Suche zu gehen bedeutet auch, auf Dinge zu stoßen, die man nicht unbedingt wahrhaben möchte, weil man sich keine positive Lösung des Problems vorstellen kann.
Sie müssen die Lösung jedoch nicht allein finden, zusammen mit mir, Ihrem Partner oder anderer professioneller Hilfe geht es, zwar nicht immer leicht, aber es geht!

Beispiel
Eine Frau um die 40 kommt in Begleitung ihres Mannes zu mir in die Praxis. Beide leiden unter extremen Schlafstörungen. Jede sexuelle Annäherung des Mannes löst bei der Frau extreme Körperreaktionen aus: Herzrasen, Schweißausbrüche, Magenbeschwerden. Sie vermeidet jeden sexuellen Kontakt. Ihr Mann bedrängt sie jedoch, was die Situation verschärft. Sie fühlt sich nur als Sexualobjekt, er fühlt sich nur als der lästige Geile. Für ihn ist das sehr schmerzlich, weil Sex für ihn die einzige Möglichkeit ist, die innigen Gefühle, die er für seine Frau hat, auszudrücken.
Beide haben große Angst, dass die Beziehung an diesem Problem zerbrechen könnte. In der Therapie zeigen sie, wann immer ihre Kindheitsmuster infrage gestellt werden, extreme Körpersymptome, sodass es nicht immer klar ist, ob sie die Therapie weitermachen können.
Der Mann hatte von klein auf gelernt, dass seine Gefühle und Bedürfnisse unerheblich waren. »Ich war wie ein Fremdkörper in der Familie.« Er lernte damit so umzugehen, dass er nach außen hin der gradlinige, etwas arrogante, geschäftstüchtige »Checker« wurde, ohne Gefühlsrepertoire. Seine hohe Sensibilität und seine Vielseitigkeit im emotionalen Erleben konnten nicht zum Ausdruck kommen.
Die Frau war die Brave, die alles daran setzte, die Menschen, die sie liebte, nicht zu enttäuschen. Sie war für ihre Eltern nie eine Last. Reflexartig tat sie immer das, was von ihr erwartet wurde, mehr noch, sie kam sogar den Wünschen der anderen zuvor und überschritt dabei ständig ihre eigenen Grenzen, ohne dies wahrzunehmen. Ihr Körper jedoch spürte die Grenzverletzungen sehr wohl und reagierte regelmäßig und heftig darauf.
Sie traute sich nicht, ihrem Mann einfach mal zu sagen: »Du, mir ist heute nicht nach Sex, sondern nach einem faulen Abend allein mit einem Buch.« Ihr System hätte bei der Vorstellung, etwas zu tun, was ihrem Mann nicht passen könnte, mit großer Angst reagiert. Doch auch hinter ihrer Schutzmauer des Bravseins und der Anpassung verbarg sich eine vielseitige, lebendige und durchaus aufmüpfige Frau.
Je mehr die beiden im geschützten Rahmen der Therapie einander ihre verborgenen Seiten offenbaren und zumuten konnten, desto unbeschwerter und zugewandter konnten sie wieder einander begegnen. Die Schlafstörungen hörten auf, die körperlichen Symptome verschwanden mit der Zeit.

Spurensuche
Ob Sie sich allein oder mit ärztlicher, therapeutischer oder beraterischer Hilfe auf die Spurensuche begeben, macht zunächst keinen Unterschied. Wir versuchen im ersten Schritt das Problem anhand meiner Fragen und Ihrer Antworten so einzukreisen, dass wir es beschreiben können. Im zweiten Schritt (Sexualstörungen bei der Frau: Welche Ursachen hat Ihr Problem?) fragen wir alle Faktoren ab, die als Ursache für das Problem infrage kommen. Im dritten und letzten Schritt (Sexualstörungen bei der Frau: So erkennen Sie Ihr Problem) fassen wir die gesammelten Informationen zusammen und nähern uns dem Problem mit der nötigen Distanz, ohne uns in gegenseitige Schuldzuweisungen zu verstricken.

Erfassen und Beschreiben des Problems
Drucken Sie die Seite aus. Lesen Sie die folgenden Punkte durch, kreuzen Sie die zutreffenden an und fassen Sie die Ergebnisse zusammen. Sind erste Hinweise auf die Ursache des Problems erkennbar?
Wann haben Sie zum ersten Mal bemerkt, dass Ihre Sexualität nicht so verläuft,
wie Sie es brauchen würden?
o gleich bei meinem »ersten Mal« (primär)
o nach einer Zeit der entspannten Sexualität (sekundär)
Wie machte sich die Veränderung bemerkbar?
o unerwartet und plötzlich
o allmählich, fast unbemerkt
Wie häufig spüren Sie die Irritation?
o bei jedem Geschlechtsverkehr
o gelegentlich
Wie stark stört die Irritation die Sexualität und in welchem Abschnitt
der sexuellen Begegnung?
o vollkommen
o teilweise
Phase:
o Annäherung
o Erregungsaufbau genital
o Erregungsaufbau emotional
o Orgasmus
o nach dem Orgasmus
o Kopfschmerzen
o Trauer
Gibt es Sexpraktiken, die Sie bevorzugen?
(Z. B. Selbstbefriedigung, Oralsex, Geschlechtsverkehr)
o Ja
Welche?_____________________________________________________________
o Nein
Gibt es Situationen, in denen der Sex problemlos verläuft?
(Z. B.: im Urlaub, wenn viel Zeit ist, wenn niemand im Haus ist)
o Ja
Welche?_____________________________________________________________
o Nein
Gibt es Sexpartner, mit denen der Sex für Sie so ist, wie Sie es brauchen?
o Ja
o Nein
Zusammenfassen:
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Quellenangabe
Dieser Text ist, mit freundlicher Genehmigung des Verlages, dem Buch Weiblich, sinnlich, lustvoll von Dr. Elia Bragagna, 2010 erschienen im Ueberreuter Verlag, entnommen.
