Leitfaden: Mit ÄrztInnen über sexuelle Probleme reden
Wenn Sie mit einer Ärztin/einem Arzt über ein Sexualproblem reden wollen, sollten Sie im Vorfeld einiges bedenken. ÄrztInnen sind auch „nur“ Menschen und wollen sich Zeit nehmen, um mit Ihnen über Ihr Problem zu reden. Zwischen Tür und Angel ist das nicht möglich.
Es gibt zwei Situationen, in denen es Sinn macht, mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt über sexuelle Probleme zu sprechen. Wir nennen Sie „die optimale Situation“ und „die zweitbeste Situation“.

Die optimale Situation
Sie wollen Ihr Problem sicherlich ausführlich schildern. Das braucht Zeit. Damit Ihre Ärztin/Ihr Arzt sich diese Zeit auch nehmen kann, ist es sinnvoll, wenn Sie sich speziell dafür einen Termin geben lassen.
Das lässt Ihnen und Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt die Möglichkeit, ausführlich und erschöpfend über das Thema zu reden ohne andere Gesundheitsprobleme in den Vordergrund zu stellen.
Wenn Sie keinen Termin vereinbaren können oder wollen, etwa wenn Sie Ihren Hauarzt/Ihre Hausärztin wegen eines sexuellen Problems aufsuchen möchten, sollten Sie bei diesem Termin ausschließlich über dieses Thema sprechen und andere Themen außen vor lassen, damit die knappe mögliche Zeit optimal genützt werden kann.
Bestimmt wollen Sie, dass Ihr Problem optimal besprochen und behandelt wird. Bei einem vorab vereinbarten Termin ist dies gut möglich. Wenn Sie dagegen wegen eines anderen Problems Ihre Ärztin/Ihren Arzt aufgesucht haben und ihr sexuelles Problem nur zwischen Tür und Angel erwähnen, so setzt das auch Ihre Ärztin/Ihren Arzt unter Druck und sie werden möglicherweise rasch abgewimmelt.

Die "zweitbeste" Situation
Die zweibeste Situation stellt sich immer dann, wenn sich in Ihrem Leben etwas Entscheidendes verändert hat, was Ihre Ärztin/Ihr Arzt unbedingt wissen sollte. Dies können Sie ebenfalls bei einem eigens dazu vereinbarten Termin aber natürlich auch bei jedem anderen Arztbesuch mitteilen.
Dazu gehören Änderungen…
• Ihres Gesundheitszustandes
neue oder Verschlechterung bestehender Erkrankungen, Operation, Verletzungen, neue Medikamente (Verhütung!)
• Ihres sozialen Lebens
Nachwuchs, Verlust einer geliebten Person, Belastungen am Arbeitsplatz und in der Beziehung, Geldsorgen, Gewalt
• oder auch psychische Belastungen, denen Sie ausgesetzt sind – Stress, depressive Verstimmungen, oder ähnliches
All dies sollte die Ärztin/der Arzt Ihres Vertrauens wissen, gerade auch dann, wenn Sie sich eines Tages wegen eines sexuellen Problems an sie/ihn wenden. Sie/er kennt dann das Umfeld, in dem Sie sich bewegen und kann viel besser einschätzen, wo die Ursachen für das von Ihnen geschilderte Problem liegen. Das gilt natürlich nicht nur für sexuelle Probleme, hier allerdings ganz besonders.
Also: Nehmen Sie sich die Zeit – und vereinbaren Sie einen Termin!

ÄrztInnen sind auch "nur" Menschen
Vergessen Sie nicht, dass Ihre ÄrztInnen auch nur Menschen sind und Ihre eventuelle Unsicherheit sehr gut nachvollziehen können.
Im Folgenden einige Beispiele, wie Sie in ein Gespräch über Ihr Sexualproblem leicht einsteigen können. Gut wäre es, wenn Sie sich mit der „Checkliste Sexualproblem“ einfinden könnten.

Gesprächssituation 1
Sie haben sich gezielt einen Termin zur Besprechung Ihres Sexualproblems geben lassen.
Ihre ÄrztIn/Ihr Arzt weiß, was auf sie/ihn zukommt, nur noch nicht, mit welchem Problem Sie kommen.
1.
Möglicher Einstieg, wenn Sie sich unsicher fühlen:
Es fällt mir nicht leicht, über mein Problem zu sprechen.
Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir weiterhelfen, wenn ich nicht mehr weiter weiß.
Ich komme zu Ihnen, weil ich seit…
keine Lust mehr habe, mit meinem Partner zu schlafen…
nicht mehr mit meinem Partner schlafe, weil ich entsetzliche Schmerzen dabei empfinde…
merke, dass meine Partnerin wegen meines Problems nicht mehr mit mir schlafen möchte. Ich glaube, ich komme immer zu früh…
keine richtige Erektion mehr schaffe…
auch mit vielen Tricks keinen Orgasmus mehr erreiche…
nur noch schwer feucht oder erregt werde…
Die Ärztin/der Arzt übernimmt das Gespräch…
und wird Ihnen gezielte Fragen stellen, um schnell zu einer sicheren Diagnose und einem passenden Therapievorschlag zu kommen.
Jetzt können Sie Ihre Notizen von der „Checkliste Sexualproblem“ gezielt nutzen.
2.
Möglicher Einstieg, wenn Sie sich sicher fühlen, aber die Ärztin/den Arzt mit diesem ungewohnten Thema nicht überfallen wollen:
Heute komme ich einmal mit einem ganz anderen Thema zu Ihnen. Ich kenne aber niemanden, zu dem ich mehr Vertrauen hätte. Ich denke mir, Sie können mir sicher weiterhelfen.
Ich komme zu Ihnen weil ich seit…(siehe oben)
Die Ärztin/der Arzt übernimmt das Gespräch… (siehe oben)

Gesprächssituation 2
Sie gehen zu einem Termin,
Ihre Ärztin/Ihr Arzt ahnt nicht, dass Sie über ein Sexualproblem reden wollen.
1.
Möglicher Einstieg, wenn SIE sich NICHT SICHER fühlen und Ihre Ärztin/Ihren Arzt mit diesem ungewohnten Thema nicht überfallen wollen:
Ich komme heute mit einem ganz anderen Thema zu Ihnen und es fällt mir nicht leicht, über mein Problem zu sprechen.
Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir weiterhelfen, wenn ich nicht mehr weiter weiß.
Ich komme zu Ihnen, weil ich seit……(siehe oben)
Die Ärztin/der Arzt übernimmt das Gespräch… (siehe oben)
2.
Möglicher Einstieg, wenn SIE sich SICHER fühlen, aber Ihre Ärztin/Ihren Arzt mit diesem ungewohnten Thema nicht überfallen wollen:
Heute komme ich einmal mit einem ganz anderen Thema zu Ihnen. Ich kenne aber niemanden, zu dem ich mehr Vertrauen hätte. Ich denke mir, Sie können mir sicher weiterhelfen.
Ich komme zu Ihnen weil ich seit…(siehe oben)
Die Ärztin/der Arzt übernimmt das Gespräch… (siehe oben)

Gesprächssituation 3
Sie gehen wegen einer anderen Erkrankung oder wegen einer Operation in die Sprechstunde. Bei dieser Gelegenheit sprechen Sie Ihr Sexualproblem an, Ihre Ärztin/Ihr Arzt ahnt nichts davon.
1.
Möglicher Einstieg, wenn SIE sich NICHT SICHER fühlen und Ihre Ärztin/Ihren Arzt mit diesem ungewohnten Thema nicht überfallen wollen:
Darf ich Sie in diesem Zusammenhang einmal etwas ganz anderes fragen? Ich sag`s aber lieber gleich, es fällt mit nicht leicht, über dieses Thema zu reden.
Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir weiterhelfen, wenn ich nicht mehr weiter weiß.
Ich habe gelesen, dass meine Erkrankung (Operation, Unfall, Medikament…) Sexualstörungen verursachen kann. Ich glaube, bei mir ist das so. Seit…. hat sich meine Sexualität verändert.
Die Ärztin/der Arzt übernimmt das Gespräch… (siehe oben)
2.
Möglicher Einstieg, wenn SIE sich SICHER fühlen, aber Ihre Ärztin/Ihren Arzt mit diesem ungewohnten Thema nicht überfallen wollen:
Ich muss Sie heute einmal zu einem ganz anderen Thema etwas fragen. Ich kenne aber niemanden, zu dem ich mehr Vertrauen hätte. Ich denke mir, Sie können mir sicher weiterhelfen.
Ich habe gelesen, dass meine Erkrankung (Operation, Unfall, Medikament…) Sexualstörungen verursachen kann. Ich glaube, bei mir ist das so. Seit…. hat sich meine Sexualität verändert.
Die Ärztin/der Arzt übernimmt das Gespräch… (siehe oben)

Gesprächssituation 4
Ihre Ärztin/Ihr Arzt spricht Sie auf Grund einiger Risikofaktoren auf Ihre sexuelle Gesundheit an, Sie ahnen nichts davon.
1.
Mögliche Antwort, wenn Sie sich sicher und wohl in dieser Situation fühlen
a. und Sie (noch) KEINE Sexualprobleme haben
Danke, dass Sie mich auf diese Zusammenhänge hinweisen. Zum Glück habe ich noch keine Sexualprobleme. Was kann ich machen, damit keine daraus werden?
Die Ärztin/der Arzt übernimmt das Gespräch… (siehe oben)
b. und Sie BEREITS Sexualprobleme HABEN
Danke, dass Sie mich auf diese Zusammenhänge hinweisen. Es hat sich wirklich manches verändert.
Beschreiben Sie, was anders geworden ist.
Die Ärztin/der Arzt übernimmt das Gespräch… (siehe oben)
2.
Mögliche Antwort, wenn Sie noch wenig Vertrauen haben und sich in dieser Situation unwohl fühlen:
Danke, dass Sie mich auf die Risikofaktoren hingewiesen haben. Zum Glück benötige ich aber noch keine Hilfe.
(durch diese Floskel brüskieren Sie Ihr Gegenüber nicht, zu der/dem Sie ja in Zukunft noch weiterhin wegen anderer Gesundheitsprobleme gehen werden)
