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Sexuelle Wünsche, Phantasien und die Wirklichkeit

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Jeder und jede hat sie – auch wenn dieses Thema immer noch stark tabuisiert ist: Die Rede ist von sexuellen Wünschen und Phantasien. Darüber geredet wird nur selten und hinter vorgehaltener Hand. Das ist schade, denn, wie immer in einer erfüllten Sexualität hilft auch hier nur eines: Reden, reden, reden – und dann natürlich auch umsetzen, klar.

Die Kommunikation von Paaren über ihre sexuellen Wünsche und Phantasien können allerdings durchaus unterschiedlich beurteilt werden. Denn sexuelle Wünsche muss frau und mann äußern, wenn sie/er auf Erfüllung hofft. Etwas anders ist das bei sexuellen Phantasien. Diese äußerst privaten Gedanken für sich zu behalten, ist manchmal durchaus kein Fehler.

Phantasien immer ausleben?

Sexuelle Phantasien, sofern nicht der Wunsch besteht, diese ausleben zu wollen, können sehr bunt, sehr unterschiedlich, mitunter sogar bizarr sein. Erlaubt ist hier wirklich, was gefällt, weil es schließlich nur in Gedanken passiert. Nicht wenige Frauen phantasieren von einer Vergewaltigung – was allerdings nicht bedeutet, sie wollten etwa tatsächlich vergewaltigt werden. Es geht um den Reiz, den eine solche Phantasie, die sich ja lediglich in den Gedanken abspielt, ausüben kann – aber Phantasien tun nicht weh, sie riechen nicht, schmecken nicht und – jede und jeder hat jederzeit die Möglichkeit, das Gedankenspiel ohne Folgen abbrechen zu können.

Selbstverständlich können auch sexuelle Phantasien mit dem Partner/der Partnerin ausgelebt werden. Dabei ist vorher allerdings zu bedenken, ob der Partner/die Partnerin der zu schildernden und hernach auszulebenden Phantasie denn auch offen und positiv gegenüber steht. Menschen sind sehr unterschiedlich – was hier nach Binsenweisheit klingt, ist gar keine. Vielfach wird immer noch angenommen, dass Paare, vor allem solche, die seit vielen Jahren ihr Leben teilen, quasi „austauschbar“ werden. Das ist falsch. Auch in Langzeitbeziehungen bleiben doch die individuellen Charaktere, Vorlieben und Ablehnungen erhalten – und das ist gut so, weil im umgekehrten Fall wohl kaum noch von einer Partnerschaft sondern nur noch von einer Symbiose gesprochen werden kann.

Vorsichtig andeuten

Und das bedeutet: Nicht jede Phantasie, die die/den einen erregt, findet auch der/die PartnerIn gut. Die eigenen Phantasievorstellungen können den Partner/die Partnerin durchaus auch abschrecken. Eine Möglichkeit, die Grenzen und die Phantasie des/der PartnerIn zu erkunden, ist – natürlich – das Gespräch.

Ein vorsichtiges Andeuten, das gemeinsame Lesen eines Buches, in dem sich die erträumte Phantasie findet, aber auch das Schreiben eigener Geschichten können hier ein Weg zur Erfüllung sein. Wenn viel Vertrauen in der Beziehung ist, kann das Erzählen und letztlich auch das Ausleben sexueller Phantasien erfüllend sein. Mitunter reicht das gegenseitige Erzählen für eine Belebung des Sexuallebens. Wie gesagt: Phantasien sind Phantasien – und müssen durchaus nicht ausgelebt werden.

Königsweg Kommunikation

Anders als die sexuelle Phantasie verhält es sich mit den sexuellen Wünschen. Hier ist Kommunikation, Reden und Zeigen ein Muss. In Erfüllung kann ein sexueller Wunsch nur dann gehen, wenn der Partner/die Partnerin weiß, was er/sie sich wünscht. Gedankenlesen ist leider keine sehr weit verbreitete Eigenschaft, scheinbar gehen aber viele Paare immer noch davon aus, dass der Partner/die Partnerin die Wünsche des jeweils Anderen erraten können muss. Das hört sich dann vielleicht so an: „Wenn sie mich richtig lieben würde, würde sie dies und jenes tun.“ Oder: „Wenn er ein guter Liebhaber wäre, würde er dies und jenes sicherlich anders machen.“ Nun, wie gesagt: Gedankenlesen ist nicht. Kommunikation ist auch hier der Königsweg zur Erfüllung.

Aneinander vorbei lieben

Wenn sie nicht weiß, dass Fellatio für ihn der Gipfel der Genüsse ist und er keine Ahnung hat, dass die sanfte Stimulation der Brustwarzen sie in den siebten Himmel führt, werden beide ständig aneinander vorbei lieben. Und frustriert sein – was letztlich zu heftigen Beziehungsproblemen führen kann.

Da hilft nur eines: Reden, reden und nochmals reden. Das kann schwierig sein. Niemand von uns hat eine sexuelle Sprache gelernt. Die meisten Ausdrücke für Sex sind derb und scheinen unpassend für eine solche Kommunikation zu sein. Daher muss wohl jedes Paar für sich eine Form der Mitteilung sexueller Wünsche finden. Das ist aber gar nicht so schwer, wie es sich anhören mag. Denn Kommunikation heißt vieles: Das kann ein Gespräch in intimen Rahmen sein, das kann ein Fingerzeig sein, wenn das Paar lustvoll aufeinander zu geht. Das kann ein Buch sein, das man gemeinsam liest und anmerkt, was einem hier gefällt oder auch nicht.

Spannendes Spiel:

Letztlich kann die Äußerung sexueller Wünsche auch zu einem spannenden Spiel werden. Etwa, wenn das Paar sich Briefe schreibt, in denen es seine Wunschszenarien offen legt. Vor der Erfüllung sexueller Wünsche steht also die Auseinandersetzung des Paares damit. Und die Offenheit – das gilt sowohl für die Bereitschaft, einen sexuellen Wunsch zu erfüllen wie auch für die Größe, auch die Ablehnung eines sexuellen Wunsches hinzunehmen.

Sich über sexuelle Phantasien und Wünsche auszutauschen, bedeutet deshalb noch lange keine schrankenlose Offenheit. Überlegen Sie gut, was Sie Ihrem Partner/Ihrer Partnerin mitteilen wollen und was ihr ureigenstes Kopfkino bleiben soll – damit die Liebe spannend bleibt!

Autor

Sabine Fisch (Mai 2016)