Therapie des vorzeitigen Samenerguses ( Ejaculatio praecox/EP)
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- Therpeutische Möglichkeiten
- Therapie der verschiedenen Formen der EP
Da es sich beim vorzeitigen Samenerguss um eine (behandelbare) Erkrankung handelt, sollte sich der Betroffene auch unbedingt von einer Ärztin/einem Arzt abklären lassen. Diese/r verschreibt, dann auch die passende Therapie.
Therpeutische Möglichkeiten
Derzeit stehen folgende Therapieoptionen zur Verfügung:
- nicht-medikamentöse Therapie
- lokale Therapie
- medikamentöse Therapie.
Nicht-medikamentöse Therapie
Mithilfe einer unterstützenden Therapie lernt der Betroffene/ das Paar, das alte, frustrierende Verhaltensmuster durch ein neues, befriedigendes und (für beide) passendes Verhalten zu ersetzen.
Diese ist allen Paaren zu empfehlen, die auf Grund des Problems jede Entspannung, Leichtigkeit und Freude an der gemeinsamen Sexualität verloren haben.
Die Methode der Wahl für Betroffene, die bei jedem sexuellen Kontakt Versagensängste haben und durch die EP die sexuelle Beziehung und Partnerschaft so stark belastet ist, dass das Paar erst wieder zueinanderfinden muss
Männer mit der angeborenen Form des vorzeitigen Samenergusse sollten neben der erfolgreicher Medikation unbedingt lernen ein erweitertes sexuelles Verhaltensrepertoire aufzubauen, da sie das krankheitsbedingt bisher nie erlernen konnten.
Die oft beschriebene „Start/Stop“ und „Squeeze“-Technik kann bei der angeborenen oder primären Form des vorzeitigen Samenergusses nicht wirken.
Lokale Therapie
Lokal auf Eichel und Frenulum aufgetragene, anästhesierende(betäubende) Cremen sind eine etablierte Therapie bei EP. In der Regel wird die Kombination der Lokalanästhetika Lidocain und Prilocain verwendet (z.B. Emla® Creme) verwendet.
Diese Therapieform kann die Zeit bis zur Ejakulation deutlich verlängern.
Leider sind die Cremen nur schlecht dosierbar, sodass bei einer Überdosierung die Eichel komplett taub werden kann. Zusätzlich muss die Creme vor dem Geschlechtsverkehr wieder entfernt werden, da sie sonst auch zu einer vaginalen Taubheit bei der Partnerin führen kann
Der Arzt wird abklären, ob das Medikament überhaupt eingenommen werden darf (Kontraindikationen) oder welche Vorsichtsmaßnahmen evtl eingehalten werden müssen.
Medikamentöse Therapie
Dapoxetin (Priligy®) ist das einzige zur Behandlung der EP zugelassene Medikament.
Es handelt sich um einen kurz wirksamen, selektiven Serotonin- Wiederaufnahmehemmer (SSRI), der eigens für diese Erkrankung entwickelt worden ist.
• Das Medikament wird vom Körper rasch aufgenommen, erreicht die maximale Plasmakonzentration 1-2 Stunden nach der Einnahme und wird rasch wieder ausgeschieden. • Es wirkt bis zu 3 Stunden, ist also schnell wieder aus dem Körper ausgeschieden, wenn es nicht mehr gebraucht wird. • Es eignet sich daher besonders als „bei-Bedarf-Medikation“ (On- Demand-Medikation). • Das Medikament führt zur Verlängerung der gemessenen Zeit in der Vagina (IELT bis zur Ejakulation) um das Dreifache und damit zu einer besseren Kontrolle über die EP • zu einer Verringerung von Stress • und zu einer höheren sexuellen Zufriedenheit beider Partner.
Dapoxetin war in den Studien bei primärer und sekundärer EP gleichermaßen gut wirksam.
Die häufigsten Nebenwirkungen sind Übelkeit, Kopfschmerzen, Schwindel, Durchfall und Benommenheit.
• Die Beschwerden waren meist nur leicht und führten nur selten zum vorzeitigen Studienabbruch.
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Man kann diese Nebenwirkungen vermeiden, indem man mit einer niederen Dosis einsteigt und so dem Körper hilf sich an das Medikament zu gewöhnen.
Die Dosierung beträgt 30 oder 60 mg. Dapoxetin wird 1-3 Stunden vor dem Geschlechtsverkehr eingenommen. Es sollte nicht öfters als 1x pro 24 Stunden eingenommen werden,
Das Medikament ist verschreibungspflichtig!
Der Arzt wird abklären, ob das Medikament überhaupt eingenommen werden darf (Kontraindikationen) oder welche Vorsichtsmaßnahmen evtl eingehalten werden müssen.
Medikamentöse Therapie („Off-Label-Use-Medikation“)
Unter „Off-Label-Use“ versteht man die Verordnung eines zugelassenen Fertig-Arzneimittels außerhalb des in der Zulassung beantragten und von den nationalen und/oder europäischen Zulassungsbehörden genehmigten Gebrauchs.
SSRI (off-label): • Zur Behandlung der EP wurden off-label die Antidepressiva („SSRIs“) Paroxetin, Fluoxetin, Sertralin, Citalopram, Escitalopram und Fluvoxamin eingesetzt. • Paroxetin 20 mg täglich mit Abstand am wirksamsten war. Unter der Therapie stieg die IELT um das Achtfache. • Fluvoxamin war am wenigsten wirksam.
Sämtliche SSRI wirken nur bei täglicher Einnahme und entwickeln ihre maximale Effektivität erst nach ein bis zwei Wochen.
Häufige Nebenwirkungen sind
• Müdigkeit, Schwindel, trockener Mund und Durchfälle, aber auch Sexualstörungen wie Lustlosigkeit und Erektionsstörungen.
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Die Therapie sollte nicht abrupt beendet werden, da die Gefahr eines Serotonin- Entzugssyndroms besteht.
Tramadol (off-label): Bei Tramadol handelt es sich um ein Schmerzmittel (Opioid-Analgetikum mit Affinität zu den μ-Rezeptoren mit zusätzlicher Hemmung der Wiederaufnahme von Noradrenalin und verstärkter Serotoninfreisetzung) In zwei kleineren, unabhängigen Studien bewirkte das Medikament (bei Bedarf 25 bzw. 50 mg) eine Verlängerung der Zeit in der Vagina(IELT) um das 7- bis 13-Fache. Häufigste Nebenwirkungen waren Übelkeit und Benommenheit. Zusätzlich kann unter Tramadol die Aufmerksamkeit stark beeinträchtigt werden. Gefahr einer Abhängigkeit besteht bei einer Vorgeschichte mit Süchten aller Art.
Therapie der verschiedenen Formen der EP
Jede Form des vorzeitigen Samenergusses bedarf einer eigenen, entsprechenden Therapie.
1. Die primäre EP: Medikament und drei bis fünf Folgegespräche zur Therapieoptimierung 2. Die erworbene EP: Therapie der Grunderkrankung oder der auslösenden Faktoren 3. Die natürliche Variable der EP: Eventuell das Medikament verschreiben, um den Patienten erstmals zu entlasten, und drei bis fünf Folgegespräche zur Therapieoptimierung und/oder Verhaltenstherapie 4. EP-ähnliches Ejakulationsproblem: Psychotherapie
Die primäre, lebenslange Form der EP
Männer mit einer primären, lebenslangen EP bedürfen einer medikamentösen Therapie. Bei Absetzen der Therapie ist mit einem Wiederauftreten der Symptomatik zu rechnen.
Es sollten unbedingt 2-3 Folgetermine mit dem Arzt abgesprochen werden, um das Therapieergebnis zu optimieren.
Bei gleichzeitig bestehenden psychischen und/oder partnerschaftlichen Problemen oder bei anhaltender Verunsicherung, trotz guter Medikamenten-Wirkung, ist eine (Sexual-)Therapie empfehlenswert.
Die erworbene, sekundäre Form der EP:
Hier ist unbedingt die dahinterliegende Grunderkrankung (Ursache) zu therapieren.
Sollten Partnerschaftprobleme die Ursache sein, dann ist die (Sexual-) Therapie die Methode der Wahl.
Studiendaten haben gezeigt, dass auch bei der erworbenen Form der EP (wenn keine Krankheiten/Substanzen die Ursache waren) Dapoxetin wirksam ist.
Die natürliche, variable Form der EP:
Aufklärung über die Bandbreite der „normalen Bandbreite“ eines Sexualaktes und der erhobenen Datenlange über die durchschnittliche Dauer bei den anderen Männern ((zwischen 5 -6 Minuten).
Eventuell Dapoxetin verschreiben, um den Patienten erstmals zu entlasten, und zwei bis drei Folgegespräche zur Therapieoptimierung.
EP-ähnliches Ejakulationsproblem:
Hier ist vor allem ein klärendes Gespräch nötig, um herauszufinden, warum der Betroffene findet, dass er vorzeitig ejakuliert, obwohl er nicht unter einer EP leidet.
Sollte Aufklärung keine Veränderung bewirken, dann ist (Sexual-)Therapie die Methode der Wahl.
Wichtig!
Gelegentlich gestaltet sich für den Betroffenen und/oder die Partnerin der (Wieder-) Einstieg in die Sexualität schwieriger als erwartet, dann ist es am ALLERBESTEN so rasch wie möglich ein Gespräch mit der behandelnden Ärztin/dem behandelnden Arzt zu suchen.
1. Es kann daran liegen, dass das Medikament noch nicht die volle Wirkung entfaltet hat und Sie mit Ihrer Ärztin/ Ihrem Arzt eine Dosisanpassung vornehmen müssen.
2. Gelegentlich kann es vorkommen, dass das alte Verhaltensmuster erst mit Hilfe eines fachlichen Gesprächs durchbrochen werden kann.
Literatur
- Bragagna E, Ejaculatio praecox - von der Diagnose zur effektiven Therapie, UROLOGIE1/2013
- Porst H: Premature ejaculation. The ESSM Syllabus of Sexual Medicine, Medix 2012
- Porst H. Schon wieder zu früh? CME 2010, 7(11): 63-71, Springer Verlag 20106
- Cicero TJ, Adams EH, Geller A, Inciardi JA, Muñoz A, Schnoll SH, Senay EC, Woody GE. A postmarketing surveillance program to monitor Tramadol hydrochloride abuse in the USA. Drug and Alcohol Dependence 1999
- Rowland D, McMahon CG, Abdo C, Chen J, Jannini E, Waldinger MD, Ahn TY. Disorders of Orgasm and Ejaculation in Men, J Sex Med 2010; 7:1668-1686
- Waldinger MD, Quinn P, Dilleen M, Mundayat R, Schweitzer DH, Boolell M.,A multinational population survey of intravaginal ejaculation latency time. J Sex Med 2005
Danke
Mit freundlicher Unterstützung von Dr. Germar Pinggera