Tief infiltrierende Endometriose (TIE)

Zwischen zwei und acht Prozent aller Frauen sind von Endometriose betroffen, einer von Schmerzen begleiteten Wucherung der Gebärmutterschleimhaut. Die Symptome können sehr unterschiedlich sein, weshalb die Erkrankung meist erst im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert wird.

Definition

Endometriose ist die häufigste gutartige Erkrankung der Frau im reproduktionsfähigen Alter und charakterisiert sich durch Wachstum von Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) außerhalb der Gebärmutter.

Häufigkeit

Mehrere epidemiologische Untersuchungen lassen vermuten, dass zwischen zwei und acht Prozent aller Frauen von Endometriose betroffen sind. Diese wird auch bei bis zu 40 Prozent aller Sterilitätspatientinnen nachgewiesen. Weiters muss bei bis zu 20 Prozent aller Endometriosepatientinnen mit einer tief infiltrierenden Endometriose, das heißt in Organe wie Harnblase, Scheide oder Darm fortschreitendes Wachstum, gerechnet werden. Trotz der offensichtlichen Häufigkeit der Erkrankung liegt die mittlere Zeitspanne vom Auftreten der ersten Symptome bis zur endgültigen Diagnose bei bis zu zehn Jahren.

Symptome

Häufige Symptome der Endometriose sind

  • chronische Unterbauchschmerzen,
  • Schmerzen während der Regelblutung,
  • Schmerzen beim Geschlechtsverkehr
  • oder auch Schmerzen beim Stuhlgang oder Harnlassen. Die vielschichtigen und unspezifischen Symptome der Endometriose und die oft späte richtige Diagnosestellung haben meist ein Fortschreiten der Erkrankung und eine damit verbundene psychosoziale Belastung zur Folge.

Ursachen

Trotz intensiver Forschung ist die Ursache der Endometriose seit über 160 Jahren nicht geklärt.

Diagnose

Im Gegensatz dazu haben sich jedoch Diagnose und Therapieverfahren wesentlich weiterentwickelt. Innerhalb des letzten Jahrzehnts sind die herkömmlichen, nicht-invasiven Untersuchungsverfahren zur Diagnose der Endometriose durch Mittel wie die transvaginale Sonografie (TVS, Scheidenultraschall) wesentlich bereichert worden.

Obwohl die endgültige Feststellung der Endometriose durch Bauchspiegelung und histologische Untersuchung erfolgt, kann der Scheidenultraschall (TVS) in den allermeisten Fällen in fachkundigen Händen bereits vor einer Operation das Ausmaß der Erkrankung feststellen und z.B. Endometrioseherde in der Harnblase, der Scheide oder im Enddarm zur Darstellung bringen. Die Untersuchung kann im Gegensatz zu anderen radiologischen Diagnoseverfahren wie MRT (Magnetresonanztomographie) kosten- und zeitsparend im Anschluss an die Spiegel- und Tastuntersuchung ambulant durchgeführt werden.

Nicht-invasive Diagnose der Eierstock- und Darmendometriose

Bei 20-50 Prozent aller Endometriosepatientinnen kann eine Beteiligung eines Eierstocks - meist in Form eines Endometriums oder der „Schokoladenzyste“ - nachgewiesen werden. Da besonders die Adnexeregion dem Scheidenultraschall gut zugänglich ist, kann die ovarielle Endometriosezyste (Endometriosezyste der Eierstöcke) als wenige zentimeter- bis doppelfaustgroße, ein- oder mehrkammerige rundlich oder längsovale zystische Struktur zur Darstellung kommen (siehe Abbildung 1).

Obwohl der Großteil der Endometrioseknoten der Scheide und der Sacrouterinligamente durch die klassische gynäkologische Untersuchung diagnostizierbar sind, können Darmendometrioseknoten oftmalig nicht getastet werden. Nach Untersuchungen der Autoren sowie anderer Arbeitsgruppen ist der Scheidenultraschall eine überaus aussagekräftige, kostengünstige und leicht praktizierbare Untersuchung zur Diagnostik der Endometriose des Enddarmes (Rectosigmoids) mit einer Sensitivität und Spezifität von 90-97 und 97-99 Prozent.

Zwingende Vorbedingung für die Anwendung des Ultraschalls ist die Kenntnis des normalen Scheidenultraschallbildes des Enddarmes. Die infiltrative Endometriose des Darmes führt typischerweise zu einer Knotenbildung der Darmmuskelwand welche sich sonografisch gut darstellen lässt (siehe Abbildungen 2a und 2b). Die räumliche Ausdehnung dieser Struktur, welche der Größe des Darmknotens entspricht, als auch deren Abstand zur Analregion sind mit dem Ultraschall gut messbar und für die weitere Planung der möglichen operativen Therapie sehr bedeutend.

Lösungsansätze

Medikamentöse Therapie

Eine Ruhigstellung der aktiven Endometriose kann hormonell durch einphasige Östrogen-Gestagen-Kombinationspräparate („Pille“), reine Gestagene (Gelbkörperhormone) und GnRH-Analoga erreicht werden.

  • Bei kontinuierlicher Einnahme der Pille ohne Pause („Langzyklus“) kommt es zu einer Rückbildung der Gebärmutterschleimhaut innerhalb und außerhalb der Gebärmutter, sodass oft eine deutliche Schmerzminderung bei Endometriose erreicht werden kann.
  • Reine Gestagene wirken ähnlich und können in Form einer Minipille, der 3-Monats-Spritze oder der Hormonspirale verabreicht werden.
  • Sogenannte GnRH-Analoga unterdrücken ebenfalls die Hypothalamus-Hypophysen-Ovar-Achse und führen damit zu einer Senkung des Östradiol-Spiegels verbunden mit dem Ausbleiben der Regelblutung und Ruhigstellung der Endometriose.

Nebenwirkungen

Nebenwirkungen der genannten Präparate sind

  • Wechselbeschwerden im Falle von GnRH-Analoga,
  • Schmierblutungen,
  • Gewichtszunahmen und
  • Brustspannen bei Pillenpräparaten.

Weiters muss erwähnt werden, dass die Hormontherapie nur die Symptome der Erkrankung reduziert, die Endometriose selbst jedoch vorhanden bleibt! Hormonpräparate sollten bei Kinderwunsch nicht zur Anwendung kommen.

Minimal-invasive chirurgische Therapie

Die rasante Weiterentwicklung der Knopflochchirurgie macht eine offene Operation mit Bauchschnitt (Laparotomie) heute in den allermeisten Fällen überflüssig und gewährleistet eine rasche postoperative Erholung der Patientin sowie ein zufriedenstellendes kosmetisches Ergebnis.

Die tief infiltrierende, fortgeschrittene Endometriose stellt selbst für den erfahrenen gynäkologischen Operateur eine Herausforderung dar. Verwachsungen und organüberschreitendes Wachstum der Endometriose können eine Operation erschweren. Zusätzlich steht bei Kinderwunschpatientinnen der Wunsch nach Erhalt der Gebärmutter und Eileiter/ Eierstockfunktion trotz Endometrioseentfernung im Vordergrund.

Neben der Verbesserung der Schwangerschaftsraten können auf endoskopischem Weg Endometrioseherde der Harnblase, Scheide und des Darmes entfernt werden, wobei Komplikationen wie Blasen- und Darmentleerungsstörungen selten sind.

Die Entfernung der Endometriose führt in den allermeisten Fällen zu einer deutlichen Reduktion der Schmerzen und Verbesserung der Sexualität und Lebensqualität (siehe Abbildung 3).

Autor

Univ.-Doz. Dr. Gernot Hudelist, MSc
Endoskopie & Endometrioseambulanz Abt. f. Gynäkologie & Geburtshilfe Wilhelminenspital Wien mail: [email protected]