Das Nervensystem: Sinnesmeldungen bei der Frau vom Körper zum Gehirn
Das Nervensystem: Sinnesmeldungen bei der Frau vom Körper zum Gehirn
Gehirn und Genitalstrukturen tragen dazu bei, dass Sexualität funktionieren kann. Wie aber verständigen sich diese beiden Systeme untereinander? Wie werden die Signale jeweils geleitet? Sie nutzen dazu die Nervenfasern.
Die Haut
Die stärkste sinnliche Verbündete haben Sie immer bei sich: Ihre Haut. Jeder Millimeter ist ausgestattet mit Sensoren, die Ihren Sexzentren im Gehirn melden, aktiv zu werden, damit Sie sich öffnen und fallen lassen können. Sie haben es sicher schon erlebt, dass eine beiläufige Berührung in Ihnen ein erotisches Kribbeln auslöst. Wie kommt das?
Die erogenen Zonen
Eigentlich ist jeder Millimeter Ihrer Haut eine erogene Zone mit unzähligen Nervenfasern und -enden, die Temperatur, Druck, Beschleunigung, Streichbewegungen, Schmerz und Vibrationen wahrnehmen. Es gibt unspezifische und spezifische erogene Zonen.
- Die unspezifischen erogenen Zonen können der Nacken, die Achselhöhle, die seitliche Brustwand, der Bauch, der Venushügel, aber auch die Lendengegend, die Querfalte am unteren Gesäßende, der Rücken entlang der Wirbelsäule oder die Kniekehle sein.
- Die spezifischen erogenen Zonen finden wir beim Übergang von der Schleimhaut zur Haut. In der Genitalregion sind es der Bereich der Klitoris und deren Vorhaut, jener der inneren und äußeren Genitallippen, der äußeren Umgebung des Scheideneinganges, beim Anus sowie bei den Brustwarzen und bei den Lippen.
Sinneszellen richtig nutzen
Manche Körperstellen brauchen Zeit, um eine Berührung als angenehm wahrnehmen zu können. So kann es vorkommen, dass wir eine Zärtlichkeit an einer bestimmten Stelle zunächst als neutral, später jedoch als erregend empfinden. Die Klitoris etwa mag nicht, wenn sie zu schnell und zu direkt berührt wird. Sie braucht vorher viele positive Meldungen von den nicht spezifischen erogenen Zonen, um für eine sinnliche Stimulation bereit zu sein. Oft erleichtert das Einstimmen über Augenkontakt oder gute Gespräche den Einstieg, sie für die Berührungen bereit zu machen. Gönnen Sie sich und Ihrer Klitoris diese Vorzeit.
Manche Körperstellen brauchen eine bestimmte Art der Berührung, um sie als angenehm empfinden zu können. Manche Stellen brauchen eher Vibrationen, andere eher Druck oder Reibung. Jede Frau ist anders und jedes Hautareal auch. Also stressen Sie sich nicht. Genießen Sie den Hautkontakt mit Ihrem Partner und staunen Sie, welche Berührungen Sie heute erregen - es können ganz andere sein als gestern oder morgen.
Die Nase
Was sagt Ihre Nase zu Ihrer Wahl? Die Nase hat im Verlauf der Evolution eine zentrale Funktion für die Sexualität eingenommen. Dazu hat sie noch einen Verbündeten, das Vomeronasal-Organ, das sich in der vorderen Nasenscheidewand befindet. Dieses Organ hat die Aufgabe, Lockstoffe, die ein potenzieller Sexualpartner aussendet, wahrzunehmen. Unsere normalen Riechzellen können das nicht. Die Signale der vomeronasalen Sinneszellen werden (unbewusst) wahrgenommen und an unser Gehirn weitergeleitet. Spricht uns der Duft an, dann öffnet sich unser Körper für die Möglichkeit einer sinnlichen Begegnung und wir finden unser Gegenüber unwiderstehlich.
Der Duft, der uns bereit macht … und wichtige (Erb-)Informationen übermittelt.
Gebildet werden diese wichtigen Signalstoffe (Pheromone) in der Nasen-Lippenfalte, in den Achselhöhlen, im Genitalbereich, am Rücken, im Knie- und im Ellenbogenbereich. Gleichzeitig haben diese Pheromone von der Natur eine wichtige Aufgabe für die Nachkommenschaft übertragen bekommen. Über sie kann das Vomeronasal-Organ den Immunstatus des potenziellen Partners erfassen und sicherstellen, dass wir nurden optimal Passenden anziehend finden und dadurch entsprechend gesunde Kinder zeugen. Die Riechzellen spielen ebenfalls eine Rolle bei der Partnerwahl. Doch geht es hier vor allem auch um anerzogene Vorstellungen über Gerüche und Sauberkeitsnormen, die uns beeinflussen. Können Sie Ihren Partner gut riechen?
Die Augen
Bevor wir jemanden körperlich und emotional an uns heranlassen, helfen unsere Augen, einen Partner mit passender sexueller Ausstrahlung zu finden. Sie werden mir vielleicht widersprechen. Sicher kennen Sie etliche Paare, die sexuell anscheinend nicht zueinander passen. Einer Freundin ist die Lust auf ihren Mann vergangen, weil er nichts Männliches an sich hat und immer wartet, bis sie den ersten Schritt macht, damit sexuell etwas passiert. Oder das genaue Gegenteil: Der Partner bedrängt sie ständig sexuell und sie weiß nicht mehr, wie sie sich dagegen wehren soll.
Beispiele für die optische Partnerwahl
Beispiel 1: Eine Frau, die durch ihre ersten sexuellen Erlebnisse verunsichert oder verletzt worden ist, kann einen Mann passend finden, der sich sexuell zurückhaltend präsentiert und sie nicht bedrängt oder womöglich selbst unsicher ist.
- Vorteil der Auswahl: Sie kann sich sicher fühlen, dass sich ihre Verletzungen auf dem sexuellen Gebiet nicht wiederholen.
- Nachteil der Auswahl: Von ihm wird vermutlich weniger sexuelle Energie und Initiative ausgehen und er wird eher keine sinnliche Leichtigkeit versprühen.
Beispiel 2: Einer Frau kann aufgrund ihrer familiären Prägung der soziale Status so wichtig sein, dass sie bereit ist, sich jeder sexuellen Vorstellung des Partners anzupassen, wenn sein sozialer Status hoch genug ist, um ihr selbst gesellschaftliche Anerkennung zu verschaffen.
- Vorteil der Auswahl: Sie fühlt sich sozial abgesichert, anerkannt und gesehen.
- Nachteil der Auswahl: Sexualität ist zum Handelsgut verkommen, die Frau fühlt sich bedroht, wenn ihr Körper wegen Sexualproblemen die Wünsche des Partners nicht mehr erfüllen kann.
Anmerkung
Beim Kennenlernen suchen unsere Augen den passenden Partner für unsere seelischen und körperlichen Bedürfnisse aus. Von wem wir uns angezogen fühlen, wird durch unsere gespeicherten Erlebnisse und Vorerfahrungen beeinflusst. Zum Problem wird die Wahl meist dann, wenn wir uns im Lauf der Beziehung zu verändern beginnen und dadurch neue Bedürfnisse bekommen.
Die Ohren
Ohren können starke Verbündete Ihrer Sinnlichkeit sein, wenn Sie sich gut kennen und wissen, worauf es Ihnen ankommt. Was macht Sie offen für eine sexuelle Begegnung? Ist es der Klang seiner Stimme? Die Art, wie er spricht, oder das, was er sagt? Brauchen Sie häufiger die Bestätigung, dass Sie geliebt und begehrt werden? Genießen Sie es, wenn Sie hören können, wie erregt er ist, wenn er mit Ihnen schläft? Welche Art der Sprache bevorzugen Sie bei Ihren Sexspielen, eher eine derbere oder eher eine sanftere? Brauchen Sie es im Alltag, Lob, Anerkennung und Lachen zu hören, damit Sie für Sexualität bereit sind?
Weiterführender Artikel
Quellenangabe
Dieser Text ist, mit freundlicher Genehmigung des Verlages, dem Buch Weiblich, sinnlich, lustvoll von Dr. Elia Bragagna, 2010 erschienen im Ueberreuter Verlag, entnommen.