Buchrezension: Generation Porno
„Die Jugend verroht“, „Immer mehr Jugendliche sehen sich harte Pornographie an!“ So oder so ähnlich lauten Medienschlagzeilen der vergangenen Monate. Der Zugang zu Pornographie, vor allem über das Internet, war tatsächlich noch nie so einfach. Es gibt kaum Zugangsbeschränkungen im Internet. Sehr häufig reicht es, einen Button mit „Ich bin 18 Jahre alt“ anzuklicken - und schon ist man drin in der schönen weiten Pornowelt.
Weitverbreitetes Phänomen
Mehr als die Hälfte aller Jugendlichen hat - so das Ergebnis einer Umfrage des Jugendmagazins „Bravo“ aus dem Jahr 2009 - schon mindestens einmal einen pornographischen Film gesehen - die überwiegende Anzahl der befragten im Internet. Und die Bedenken, die viele wegen des uneingeschränkten Zugangs vieler Jugendliche zu diesen Inhalten haben, reichen von „Verrohung“ über ein völlig falsches Bild von Sexualität, das damit vermittelt werde bis hin zu Entwicklungsstörungen der betroffenen Kinder und Jugendlichen.
Hysterie ist fehl am Platz
Das ist auch sicher alles richtig. Dennoch greifen Aufgeregtheit und die Forderung nach Verboten zu kurz. Erregte Diskussionen über die „verrohte Jugend“ ändern nämlich gar nichts an der Situation. Ein neues Buch des deutschen Journalisten Johannes Gernert greift das Thema sachlich auf, stellt die Lebenswelt junger Menschen objektiv dar und diskutiert Möglichkeiten, wie Kinder und Jugendliche trotz des Überangebots an pornographischen Inhalten im Internet, aber auch etwa in den Texten bekannter Musiker, eine normale sexuelle Entwicklung durchlaufen können.
Geborgenes Umfeld
Gernert hat sich viel Arbeit gemacht, mit sehr vielen Jugendlichen aus den verschiedensten familiären Situationen gesprochen, sich die Gesetzeslage genau angeschaut und sich etwa über Sexualaufklärungsprogramme an Schulen schlau gemacht. Das Ergebnis ist ein spannend zu lesendes Buch, das dem über die Medien gehypten Bild der Jugend, die sich bloss noch mittels Pornographie über Sex informiert, ein differenziertes Bild entgegen stellt.
Dabei stellt sich einmal mehr heraus, wie wesentlich ein schützendes, geborgenes und gleichzeitig kommunikatives und offenes Umfeld für Kinder und Jugendliche ist. Egal ob Eltern oder andere erwachsene Bezugspersonen: Kinder und Jugendliche brauchen AnsprechpartnerInnen, die sie ernst nehmen, denen sie offene Fragen stellen können und die mit ihnen auf Augenhöhe kommunizieren.
Erwachsene in die Pflicht nehmen
Der Journalist nimmt dabei sowohl die Eltern, als auch die LehrerInnen und Schulen in die Pflicht. Er rät etwa dazu, die Internetgewohnheiten seiner Kinder genau kennen zu lernen, Zugänge auch durchaus zu beschränken und für alle Fragen der Kids offen zu sein. Für die Schulen fordert er offene und differenzierte Sexualaufklärung, die weit über die rein „technischen Erläuterungen“ zu Sexualität und Fortpflanzung hinausreichen.
Fazit
Jeder und jede, der/die halbwüchsige Kinder hat, jeder/jede der/die mit Kindern zu tun hat - und jeder Leser/jede Leserin, die sich ein umfassendes und sachliches Bild der Situation „Jugendliche und Pornographie verschaffen will, sollte dieses Buch lesen.
Bewertung
5 von 5 möglichen Punkten
Buchinfo
Johannes Gernert: Generation Porno: Jugend, Sex, Internet
285 Seiten
Fackelträger Verlag, April 2010
ISBN 13: 978-3-7716-4439-0
Preis: € 19,95