Impotenz-Selbsthilfegruppe

3 minuten Lesezeit . Written by Günther Steinmetz

Impotenz-Selbsthilfegruppe

Die meisten Männer haben schon Situationen erlebt, in denen ihr Penis seinen Dienst versagt hat. Wenn allerdings über Monate hinweg in mehr als 70% der Versuche keine für einen befriedigenden Geschlechtsverkehr ausreichende Erektion erreicht oder aufrecht erhalten werden kann, dann liegt eine Krankheit vor, die als erektile Dysfunktion (ED) bezeichnet wird.

Ursachen für Erektile Dysfunktion

Um die vielen Möglichkeiten zu erkennen, die eine ausreichende Erektion verhindern können, muss man sich einmal klarmachen, wie eine Erektion entsteht:

  1. Sinnliche Reize werden im Gehirn aufgenommen und bewertet.
  2. Vom Gehirn werden Nervenimpulse über das autonome Nervensystem (Parasympathikus) an den Penis gesendet.
  3. An den Nervenenden werden Botenstoffe (Neurotransmitter) freigesetzt, die über eine komplexe biochemische Reaktionskette eine Erschlaffung der glatten (nicht willkürlich beeinflussbaren) Schwellkörpermuskulatur bewirken.
  4. Durch das Erschlaffen der Schwellkörpermuskulatur werden die Hohlräume in den Schwellkörpern größer und Blut strömt ein.
  5. Das einströmende Blut bewirkt eine Vergrößerung des Penis. Da die Schwellkörper von einer festen Haut umgeben sind, werden durch die Ausdehnung der Schwellkörper die Venen abgedrückt. Damit wird der Blutabfluss stark gedrosselt.
  6. Die vollständige Versteifung wird durch eine Kontraktion der Beckenbodenmuskulatur erreicht. Dabei entstehen in den Schwellkörpern Blutdruckwerte, die größer als 400 mm Hg sein können (Leiber/Wetterauer 2005).

Dieser Ablauf kann an vielen Stellen gestört sein. Das beginnt bei der Verarbeitung und Bewertung der Reize. Ein sexueller Reiz soll ja keinesfalls immer eine Erektion auslösen, das ist abhängig von der konkreten Situation und den geltenden gesellschaftlichen Normen.

Teufelskreislauf

Weil Männlichkeit in unserer Gesellschaft mit Potenz gleichgesetzt wird, führen auch rein organisch verursachte Erektionsstörungen fast immer zu psychischen Problemen, die ihrerseits die Erektionsstörung verstärken und aufrechterhalten können. Nach einem ersten „Versagen“ entsteht schnell ein Teufelskreis, aus dem mancher Mann keinen Ausweg findet: Das „Versagen“ erzeugt Angst, den Anforderungen der Partnerin/ des Partners nicht zu genügen. Beim nächsten Versuch kommt durch eine ängstliche Selbstbeobachtung viel Stress dazu. Stress und Angst sind aber üble Erektionskiller, die dafür sorgen, dass es wieder nicht klappt. Ein auf dem Gebiet der Sexualstörungen erfahrener Arzt wird daher auch bei erkennbaren organischen Ursachen die psychischen Probleme nicht aus dem Blick verlieren und in die Behandlung einbeziehen.

Erfüllte Sexualität trotz ED

Für viele Männer und Paare ist Sex ohne Geschlechtsverkehr undenkbar. Das Unvermögen, einen normalen Koitus auszuführen, wird so in den Köpfen der Betroffenen zu einer Katastrophe. Ein Verzicht auf Sexualität muss aber nicht sein! Neben diverser Hilfsmittel, um eine Erektion zu erlangen, gibt es auch viele Möglichkeiten, ohne Erektion ein für beide Partner befriedigendes Sexualleben zu führen: zärtliche Massage, streicheln, gegenseitige Masturbation, Oralverkehr, und auch ein schlaffer Penis kann zärtlich und lustvoll eingesetzt werden. Auch bei diesen Spielarten der Sexualität können beide Partner einen Orgasmus erleben.
Um so weit zu kommen, bedarf es aber erst einer gemeinsamen partnerschaftlichen Auseinandersetzung mit der erektilen Dysfunktion. (Mehr dazu im Artikel: Erektile Dysfunktion in der Partnerschaft) Dieser Schritt fällt vielen Männern sehr schwer.

Merksätze

  • Die Klärung und Behandlung der Ursachen der ED kann die zukünftige Lebensqualität stark positiv beeinflussen. Sie darf deshalb nicht auf die lange Bank geschoben werden.
  • Eine ED muss niemals Verzicht auf Sexualität bedeuten. Auf der einen Seite gibt es Medikamente und Hilfsmittel, die es praktisch jedem Mann mit ED ermöglichen, wieder eine Erektion zu bekommen. Auf der anderen Seite gibt es auch befriedigenden Sex ohne Erektion, der trotzdem für beide Partner zum Höhepunkt führen kann. Deshalb kann auch ein Mann mit ED ein guter Liebhaber sein!
  • Eine ED ist niemals das isolierte Problem des Mannes, es betrifft auch die Partnerin/ den Partner. Deshalb gibt es keine dauerhaft befriedigende Lösung ohne offene Gespräche mit der Partnerin/ dem Partner. Entgegen den Befürchtungen vieler Männer führen solche Gespräche oft zu einer Neubelebung der Partnerschaft und Sexualität.

Deshalb: Wer nichts unternimmt, verliert. Wer bereit ist, seine Vorstellungen von Männlichkeit zu hinterfragen und den Kampf mit seiner ED aufnimmt, wird erfahren, dass ihm daraus auch Kraft und neues Selbstbewusstsein erwachsen und dass ihm das Leben auch sexuell noch viel zu bieten hat.

Autor

Seit einer radikalen Prostataoperation ist Günther Steinmetz von erektiler Dysfunktion (ED) betroffen, er kann ohne Hilfsmittel keine Erektion mehr bekommen. Schon bald begann er, sich eingehend mit diesem Tabuthema zu befassen, gründete die erste ED-Selbsthilfegruppe in Deutschland und leistet seither unschätzbare Informationsarbeit für Betroffene und ihre PartnerInnen. Auf der Homepage der Selbsthilfegruppe www.impotenz-selbsthilfe.de räumt er mit vielen in den Köpfen verankerten Mythen auf und nähert sich dem Thema Erektionsstörungen auf neue, lockere und Mut machende Weise.