Hodenkrebs und Sexualität
Erstes Zeichen für Hodenkrebs ist meist eine schmerzlose Vergrößerung des Hodens. Die Heilungsrate ist bei den meisten Hodentumoren, selbst bei bereits vorhandenen Metastasen, sehr gut.
Häufigkeit
Der Hodentumor ist bei Männern zwischen 20 und 40 Jahren der häufigste Tumor in Europa und Nordamerika. Von 100.000 Männern in dieser Altersgruppe sind sechs bis sieben davon betroffen, die Inzidenz ist steigend.
Problematik
Aus dem meist jungen Lebensalter der erkrankten Männer ergibt sich auch ein besonderes Problem in der psychischen Bewältigung des Krebses, denn Sexualität ist in diesem Lebensabschnitt nicht nur sehr wichtig, sondern sie hat eine zentrale identitätsfestigende Bedeutung.
Nach Klippel & Weißbach (1976) fühlt sich etwa jeder fünfte Betroffene durch die völlige oder teilweise Entfernung (Resektion) des betroffenen Hodens deutlich beeinträchtigt. Zu einem Abfall des Testosteronspiegels kommt es allerdings meist nur bei beidseitiger Entfernung der Hoden (Orchiektomie). In diesem Fall kann der Hormonspiegel durch Hormongabe wieder ausgeglichen werden. Eine Kryokonservierung von Samenzellen sollte insbesondere bei notwendiger Strahlen- oder Chemotherapie angedacht werden.
Entfernung der Lymphknoten
Eine Gefahr der radikalen Entfernung der Lymphknoten (radikale retroperitoneale Lymphadenektomie) ist der Verlust der antegraden Ejakulation durch Verletzung der zu den Lenden gehörenden Ansammlung von Nervenzellkörpern (lumbalen symphatischen Ganglien). Genau genommen betrifft die Verletzungsgefahr den jeweiligen viel tiefer liegenden gemischt sympathisch-parasymphatischen Ganglienplexus.
Nervenerhaltende Operationen
Heute können durch Elektrostimulationen während der Operation (intraoperative Neurostimulation) diese Nervenfasern identifiziert und durch schonende Operationsverfahren erhalten werden. Dies ist allerdings nur möglich, wenn die Lymphknoten-Metastasen noch nicht zu weit ausgeprägt sind, daher würde man in diesem Fall zunächst eine Chemotherapie durchführen.
Hodenimplantate
Oft werden Hodenimplantate empfohlen, um psychischen Belastungsreaktionen entgegenzuwirken. Jedoch gibt es dafür wieder Risiken wie Entzündungen oder Unverträglichkeitsreaktionen. Dies ist der Grund, weshalb sich bei weitem nicht alle Betroffenen dafür entscheiden.
Quellen
Beier, K.; Bosinski, H; Hartmann, U., Loewit, K. (2001): Sexualmedizin: 431
Klippel, K.F.; Weißbach, L. (1976): Sexualleben semikastrierter Hodentumorpatienten. Sexualmed 5: 331-333
Guidelines on testicular cancer 2011; European association of Urology, P. Albers et al
Über den Autor
Oberarzt Dr. Erik Randall Huber ist Facharzt für Urologie und Leiter des Beckenbodenzentrums im Landesklinikum Korneuburg, Fellow of the European Board of Urology (FEBU)
www.IhrUrologe.at