Langeweile im Bett - wenn nichts mehr läuft

Die große Kunst in Beziehungen ist es, sie aufregend und leidenschaftlich zu erhalten. Denn wenn nach den ersten Monaten der Verliebtheit der Alltag einkehrt und die Hormone sich beruhigen, haben wir oft kein Repertoire, um die Leidenschaft aktiv einzubringen. Wir haben es auch nirgendwo gelernt.

Was wir aus der Begleitung von mittlerweile weit mehr als 1000 Paaren sagen können:

  • Es liegt nicht an mangelnden Sextechniken, wenn im Bett Unzufriedenheit herrscht.
  • Es gilt auch nicht, irgendwelche Mindestquoten pro Woche zu erreichen
  • oder zu glauben, dass Sex ab 50 ohnehin nicht mehr wichtig wäre.
  • Was wir Ihnen nahebringen wollen ist, dass Sie Ihre Sexualität wieder finden, und zwar in der Form, wie es für Sie beide am schönsten ist.

Sicherheit

Ohne Sicherheit gibt es keine Leidenschaft. Fehlende Sicherheit kann viele Ursachen haben: ein Partner ist mehr mit seiner Arbeit verheiratet, eine Affäre belastet die Beziehung oder es gab früher Affären - immer dann, wenn sich emotionale Distanz aufbaut, geht die Sicherheit in der Beziehung verloren. Um sich jedoch der Partnerin, dem Partner in Leidenschaft hingeben zu können, braucht es ein gutes Maß an Vertrauen und Sicherheit. Um sie wieder herzustellen, ist es für das Paar dringend notwendig, ein neues Commitment zu finden, wie sich Herz und Lende wieder verbinden können.

Auch zu viel Sicherheit kann problematisch sein. Das passiert dann, wenn beide oder zumindest eine/r von beiden meint: „Ach, er/sie liebt mich sowieso, da kann ich mich ruhig gehen lassen.“ Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Es ist ein hoher Wert, auch dann geliebt zu werden, wenn man sich einmal gehen lässt. Doch wenn das zum Dauerzustand wird und man zu Hause nur noch im bequemen Schlabber-Look herumläuft, raubt das der Beziehung jegliche Form erotischer Spannung.

Erotik im Alltag

Es ist so wichtig, im Alltag dafür zu sorgen, dass die Frau-Mann-Beziehung in den Mittelpunkt rückt:

  • Indem man überraschend mit Blumen nach Hause kommt,
  • tagsüber mal ein liebevolles SMS schickt,
  • vom Büro aus anruft, um zu sagen, wie sehr man sich schon auf den gemeinsamen Abend freut.
  • Oder man zieht sich für die Partnerin, den Partner hübsch an und sagt das auch: „Schatz, ich habe heute diesen Pullover angezogen, weil ich weiß, dass du den besonders magst.“ Kleine Gesten im Alltag können wahre Wunder wirken!

Die Beziehung sollte auch im Terminkalender regelmäßig einen Ehrenplatz bekommen. Wir haben in unserer Tagesplanung so viele Termine, doch unserer Partnerschaft räumen wir viel zu wenig Zeit ein. Vereinbaren Sie ein Date! Und zwar auch - und gerade dann -, wenn Sie schon lange in Ihrer Beziehung leben. Gehen Sie gemeinsam fein essen oder tanzen, was auch immer Ihnen beiden Freude macht im Auftrag der Liebe und Leidenschaft.

Liebeskiller Machtkampf

Wenn wir von Machtkampf sprechen, meinen wir nicht automatisch gleich einen Rosenkrieg. Jedes Paar ist irgendwann in einer Phase, in der die Machtverhältnisse ausgelotet werden. Weil das unbewusst geschieht, bleiben wechselseitig Verletzungen, Konflikte schwelen manchmal auch nur latent im Untergrund - und im Laufe der Jahre distanziert man sich immer weiter und die Probleme werden nie aufgelöst.

In einer solchen Situation auf den Partner zuzugehen und zu sagen „Ich möchte mit dir auch Nähe haben“, ist eine große Herausforderung, weil man natürlich Angst hat, wieder verletzt zu werden. Offene und ehrliche Gespräche sind das einzige wirklich wirksame Mittel, um eine Phase des Machtkampfes zu beenden - und oft ist dabei die professionelle Begleitung eines Paartherapeuten sehr hilfreich.

Der Dialog

Der Dialog ist ein äußerst effizientes und wirksames Mittel, das wir in der Imago-Therapie einsetzen. Er hilft, eingefahrene Kommunikationsmuster aufzubrechen. Zum Beispiel ist es im Machtkampf typisch, um des Kaisers Bart zu streiten: „Du redest ja nie mit mir!“ - „Was soll ich mit dir reden, du brüllst mich ja doch nur an!“ Es wird über Kommunikation gestritten und nicht mehr über das Thema, um das es eigentlich gehen sollte, ein Problem, das Tage, Wochen, Monate, vielleicht sogar schon Jahre vorher aufgetaucht ist und zu laufenden Konflikten führt.

In unseren Therapiesitzungen tauchen dann Themen auf, die manchmal sogar das Paar überraschen. Denn der Imago-Dialog ist so gestaltet, dass er beiden maximale Sicherheit vermittelt, sodass jede/r sich öffnen kann: „Mich hat verletzt, dass du damals beim Geburtstag deiner Mutter mich den ganzen Abend lang ignoriert hast. Du hast mit mir nicht geredet, deinen Arm kein einziges Mal um mich gelegt. Ich habe mich deplatziert und nicht zugehörig gefühlt.“

Gerade bei verletzenden Geschichten braucht es eine Form des Verzeihens. Der erste Schritt ist, das Thema überhaupt benennen zu können, der zweite, vergeben zu können. Weil zu jeder Situation immer beide beitragen, gilt es auch, sich bewusst zu machen, dass man nicht nur dem anderen, sondern auch sich selbst verzeihen sollte.

Lebenskrisen und Stress

Beziehungen werden auch von vielen äußeren Krisen beeinträchtigt: Die Partnerin hat gerade ihren Arbeitsplatz verloren, der Partner wird schwer krank, schwere Schicksalsschläge in der Familie, der Hausbau zehrt an den Nerven, finanzielle Sorgen machen dem Paar das Leben schwer oder es muss unter Druck eine neue Wohnung gefunden werden. All diese Belastungen bringen enormen Stress und ziehen sehr viel Energie ab. Damit geht auch der Fun-Faktor verloren. Wenn beide am Abend völlig abgespannt nach Hause kommen, treffen sich eher zwei Tiere, die ums Überleben kämpfen, als zwei Liebende.

Oft kann der Partner, die Partnerin nicht nachvollziehen, was in der Welt des anderen gerade passiert ist, und fühlt sich durch das „seltsame“ Verhalten womöglich angegriffen. Auch hier hilft nur eine offene, wertschätzende Kommunikation. Wenn beide verstehen können, was beim anderen gerade abläuft, kann man solche schwierigen Situationen viel besser gemeinsam meistern.

Elternschaft

In unserer Praxis erleben wir immer wieder, dass Paare schon vor der Geburt ihres ersten Kindes den Spaß, den Humor, die Erotik und die Intimität einstellen. Es wäre gerade in dieser Phase notwendig, sich viel Zeit für Gespräche zu geben: Was löst die Schwangerschaft für Gedanken und Emotionen aus? Die Schwangerschaft lässt besondere Projektionen entstehen, klassischerweise sieht der Mann in seiner Frau verstärkt seine Mutter, die Frau findet vielleicht: „Es ist wie bei meinem Vater, wieder bin ich ganz alleine, wenn ich eigentlich jemanden bräuchte.“

Auch nach der Geburt hat Sexualität oft keinen leichten Stand. Der Körper der Frau braucht Erholung, und diese Phase kann bei manchen zwischen 12 und 18 Monaten dauern. Männer interpretieren das mangelnde Interesse der Frau oft falsch: „Jetzt ist unser Kind wichtig. Für mich bleibt gar nichts mehr.“ Es ist hilfreich, sich vor Augen zu halten, dass dies bloß eine Phase ist, die ein Ende haben wird, und die kann man entsprechend gestalten.

Denn auch als frischgebackene Eltern bleibt man letztlich ein Paar und sollte dies entsprechend zelebrieren: Ein Mal pro Woche den Babysitter ins Haus geholt und einen schönen Abend gemacht, kann wahre Wunder wirken.

Kommunikation

Beziehung hat ganz viel mit Kommunikation zu tun. Nur gibt es leider so viele Dinge, die man nicht auszusprechen wagt. Doch wie soll die Partnerin, der Partner je erfahren, dass er unangenehm aus dem Mund riecht, wenn es nicht die Person sagt, die ihn liebt? Und wie sollte er/sie jemals etwas daran ändern? All diese vielen, kleinen, täglichen Themen und Missstände stören das Beziehungsleben - sie „verschmutzen“ sozusagen denn Zwischenraum zwischen den Partnern.

Jeder Mensch hat alles, was es braucht, um eine leidenschaftliche, schöne, erfüllende Beziehung zu leben. Es ist nur durch die Sozialisation und die Erfahrungen im Leben vieles unterwegs auf der Strecke geblieben. Eine offene, wertschätzende Kommunikation - und gegebenenfalls ein Imago-Dialog - hilft, vieles, das verloren gegangen ist, wieder zu finden und zu integrieren.

Tipps für neuen Schwung im Bett

  • Überlegen Sie - alleine oder gemeinsam -, was Ihnen aberzogen wurde. War es verpönt, sich als Frau für einen Mann attraktiv zu machen? Vielleicht finden Sie einen Weg, sich diesen Wert neu anzueignen!
  • Erinnern Sie sich an den Anfang Ihrer Beziehung, als Sie frisch verliebt waren: Was haben Sie damals getan, unternommen, das Sie heute nicht mehr machen?
  • Versuchen Sie es 2 Wochen lang täglich mit einer Wertschätzung für das, wie Ihr Partner ist, oder mit einer Anerkennung für das, was Ihre Partnerin gemacht hat. Bitten Sie ihn/sie, die Wertschätzung oder Anerkennung zu wiederholen und ansonsten nicht zu kommentieren, sondern einfach anzunehmen. Sie werden erstaunt sein, was dabei herauskommen kann!
  • Wenn Sie gerade in einem Konflikt stehen und deshalb keinen Sex haben: Manche Paare lassen ihren Machtkampf ganz bewusst vor der Schlafzimmertür. Sie sagen: „Wir haben für heute genug gestritten, jetzt wollen wir uns nahe kommen und Sex haben. Nachher sehen wir weiter.“

Wichtig! Gerade wenn man schon länger ein Paar ist, braucht man oft den bewussten Entschluss, Sex zu haben - ganz nach dem Motto: Wir müssen es tun, um es zu wollen. Wenn Sie schon längere Zeit, vielleicht ein halbes Jahr oder länger, nicht miteinander geschlafen haben, ist es vielleicht ein zu heftiger Sprung nach vorn, gleich Sex zu haben. Doch Sie können sich langsam annähern: einmal pro Woche in normaler Kleidung für eine halbe Stunde ins Bett legen und sich berühren, jedoch ohne Sex zu haben. In der nächsten Stufe nehmen Sie statt normaler Kleidung Ihr Schlafgewand, Sie berühren sich, haben aber keinen Sex. Und dann dasselbe nackt. Die Sicherheit durch das Versprechen, in dieser halben Stunde keinen Sex zu haben, hat schon sehr vielen Paaren weitergeholfen, um schließlich wieder ein Sexualleben zu haben.

Persönliche Worte

Abschließend noch ein paar persönliche Worte: Wir sind 34 Jahre ein Paar. Wir haben nie wie immer geartete Sex-Technik-Kurse besucht, sondern haben uns nach anfänglichen schwierigen Krisen entschieden, die Sicherheit zwischen uns zu verbessern und unsere Lebensenergie zu befreien. Das hat dazu geführt, dass wir heute eine gemeinsame Sexualität leben, die wir uns früher nicht einmal erträumt hätten. Damalige Phantasien, die uns vielleicht irgendwie über die Öffentlichkeit der anderen eingetrichtert wurden, haben wir verabschiedet und haben eine Form der Sexualität gefunden, wo sich Herz und Lende verbinden. Damit wollen wir auch anderen Paaren Mut machen, in schwierigen Zeiten dran zu bleiben, um die Verbindung zu stärken mit dem Bewusstsein, dass mit dem Finden der Verbindung auch wieder die Leidenschaft und die Freude in die Beziehung zurückkehren.

Autoren und Buchtipp

Dr. Sabine Bösel und Roland Bösel
Paar- und Imago-Therapeuten und Autoren des Buches „Leih mir dein Ohr und ich schenk dir mein Herz“ www.boesels.at