Rauchen fördert die Entstehung von Erektionsstörungen. Wer mit dem Rauchen aufhört, hat jedoch gute Chancen, dass sich die Störungen wieder bessern.
Die erektile Dysfunktion (ED, Erektionsstörungen) zählt nach wie vor zu den am stärksten tabuisierten Erkrankungen und wird häufig ausschließlich mit dem Alter in Zusammenhang gebracht. Faktum ist aber, dass bereits etwa ein Drittel aller Männer unter 50 Jahren in unterschiedlichem Ausmaß die Erfahrung einer ED macht. Neben dem Alter gibt es zahlreiche weitere Risikofaktoren, die Erektionsstörungen begünstigen. Insbesondere besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen ED und Erkrankungen, die das kardiovaskuläre Risiko erhöhen. Auch die Bedeutung des Rauchens für die Entstehung einer ED ist anhand epidemiologischer Daten offensichtlich: 56 % der starken Raucher sind von Erektionsstörungen betroffen.
Spitze des Eisbergs
Die Entstehung einer ED ist vergesellschaftet mit einer endothelialen Dysfunktion. Mehrere Untersuchungen zeigen, dass eine ED als erstes Warnzeichen für eine generalisierte Gefäßerkrankung zu werten ist. So haben z. B. Männer mit ED im Vergleich zu Männern mit normaler erektiler Funktion ein um 65 % erhöhtes Risiko für die Ausbildung einer KHK und ein um 43 % höheres Insultrisiko. Darüber hinaus ist auch in der Praxis häufig zu beobachten, dass eine ED als frühzeitiger Hinweis auf bis dahin unerkannten Erkrankungen wie Diabetes mellitus und Störungen des Lipidstoffwechsels auftritt.
Rauchen wirkt zweifach schädlich
Tabakrauchen ist als Risikofaktor für die Entstehung zahlreicher Krankheiten gut bekannt. Dies gilt - u. a. aufgrund der Vergesellschaftung von Endothelfunktion und erektiler Funktion - auch für die ED.
Tatsächlich fördert das Rauchen die Entstehung von Erektionsproblemen auf zweifache Weise.
- Einerseits wird die Versorgung des Penis über die Arterien analog zur KHK aufgrund der atherosklerotischen Wirkung (Ablagerungen in den Blutgefäßen) zahlreicher Rauchinhaltsstoffe beeinträchtigt.
- Zusätzlich wird die Funktion der Schwellkörper beeinträchtigt, indem die Schwellkörper-Muskeln (vergleichbar mit den Muskeln der Arterienwand) an Elastizität verlieren. Somit wird die vollständige Erschlaffung der Schwellkörper erschwert, diese ist jedoch wiederum die Voraussetzung für einen ausreichenden Bluteinstrom in die Schwellkörper und in der Folge für die Erektion.
Ein negativer Kreislauf entsteht zusätzlich, wenn längere Zeit keine Erektion stattgefunden hat: Durch die mangelhafte Versorgung mit Sauerstoff kommt es zur Bildung elastischer Fasern in der Schwellkörper-Muskulatur, wodurch ebenfalls die Fähigkeit zur Entspannung herabgesetzt wird.
Eine Studie konnte einen klaren Zusammenhang zwischen der Anzahl der täglich gerauchten Zigaretten und der Ausprägung der ED belegen. Der Anteil der Männer mit einem täglichen Konsum von mehr als 20 Zigaretten und ED war deutlich höher als bei Rauchern mit einem Konsum von weniger als 20 Zigaretten täglich.
Rauchstopp verbessert die erektile Funktion
Aufgrund der zahlreichen nikotinassoziierten Erkrankungen spielt die Rauchertherapie eine zentrale Rolle als Basistherapie in unterschiedlichen Indikationen. Patienten mit ED sollten darauf aufmerksam gemacht werden, dass die negativen Folgen des Rauchens durch Nikotinkarenz teilweise reversibel sind.
Untersuchungen konnten belegen, dass bei ehemaligen Rauchern durch die Tabakabstinenz eine Verbesserung der erektilen Funktion erzielt werden konnte: Bei 25 % der ehemaligen Raucher verbesserte sich die Erektionsfähigkeit innerhalb eines Jahres nach dem Rauchstopp. Zusätzlich war nach dem Verzicht auf das Rauchen eine verbesserte Strömungsmechanik des Blutes im Penis (penile Hämodynamik) festzustellen.
Arztgespräch
Da der Gesundheitsbegriff nicht nur die Abwesenheit von Krankheit, sondern auch das geistige und körperliche Wohlbefinden eines Menschen beinhaltet, ist ein erfülltes Sexualleben als Komponente der Gesundheit anzusehen. Allerdings ist dabei zu betonen, dass die Bedeutung der Sexualität individuell sehr unterschiedlich ist. Die Einschätzung des Sexuallebens sollte frei von Leistungsgedanken und ausschließlich anhand der eigenen Vorstellungen erfolgen.
Berücksichtigt man zudem das Potenzial für die Entstehung von Erkrankungen, die sich im Frühstadium in Form einer ED zeigen können, sollte die Frage nach der Sexualität und eventuellen Erektionsstörungen bei Männern zur ärztlichen Standardanamnese zählen. Dies gilt insbesondere für Patienten mit Diabetes, Hypertonie, Atherosklerose, KHK, Hormonstörungen, Tabak- und Alkoholabusus sowie für Patienten, die Medikamente einnehmen, zu deren Nebenwirkungen das Begünstigen einer ED zählt.
Trotzdem wird das Thema ED in der hausärztlichen Praxis eher zurückhaltend angesprochen. Eine Umfrage unter AllgemeinmedizinerInnen ergab, dass immerhin 64 % aller Patienten mit Erektionsstörungen ihr Problem selbst ansprechen, aber nur 13 % der befragten ÄrztInnen gehen auf das Thema ED im Rahmen der Standardanamnese ein.
Thema Rauchen ansprechen
Aufgrund der zahlreichen Gesundheitsrisiken, die vom Rauchen ausgehen, sollte jeder Arztkontakt dazu genutzt werden, das Rauchverhalten und die damit assoziierten Erkrankungen und Schädigungen anzusprechen.
Rauchen begünstigt auch Blasenkarzinome
Neben der ED begünstigt Rauchen mit dem Blasenkarzinom eine weitere urologische Erkrankung. Auffallend ist dabei, dass sich die Inzidenz des Blasenkarzinoms bei Frauen in den letzten 20 Jahren verdoppelt hat, hingegen hat sich jene des Zervixkarzinoms im selben Zeitraum halbiert. Die Ursache für die zunehmende Häufigkeit des Blasenkarzinoms bei Frauen wird in erster Linie deren verändertem Rauchverhalten und der Zunahme an Raucherinnen zugeschrieben.
Weiterführende Literatur
- SJ. Jacobson et al., Am J. Epidemiol 2005; 161: 346 - 51
- Mirone V, Eur Urol. 2002 Mar;41(3):294-7.
- Brennan P et al., Cancer Causes Control. 2001 Jun;12(5):411-7.