Erektionsstörungen - hilft nichts mehr?
Die Sexualmedizinerin Dr. Elia Bragagna berichtet in der „Sprechstunde“ von Fällen aus ihrer täglichen Praxis. Alle persönlichen Angaben der Patienten und Patientinnen wurden geändert, die Geschichten, Probleme und Lösungsfindungen entsprechen jedoch der Realität.
Karl S.(46) meldet sich telefonisch, weil die Potenz-Medikamente, die er bisher genommen hat, jetzt nicht mehr helfen. Er möchte gerne wissen, ob es noch eine andere Hilfe gegen seine Erektionsstörung gibt
Ich bitte Herrn S. zu einem Gespräch zu mir in die Praxis, um die Ursache seines Problems genau abklären zu können. Zum abgesprochenen Termin kommt er keuchend, mit hochrotem Kopf bei der Tür herein. Die zwei Stockwerke zu mir herauf setzen dem stark übergewichtigen Mann offensichtlich sehr zu.
Problem
Der Patient erzählt mir, dass er zum ersten Mal vor etwa fünf Jahren gemerkt hat, dass sein Penis immer weniger hart wird. Obwohl ihm der Urologe Potenztabletten verschrieben hat, halten die Erektionen viel zu kurz an, spontane Erektionen sind selten. Ein Geschlechtsverkehr bis zum Orgasmus ist eigentlich nicht möglich.
Medizinische Vorgeschichte
Der behandelnde Urologe stellte bei ihm damals mehre Ursachen für sein Problem fest. Durch das Übergewicht hatte der Patient um seine Darmschleifen massive Fettdepots entwickelt. Dieses Fett ist besonders gefürchtete, da es Botenstoffe produziert, die im Körper vielfältige negative Auswirkungen haben. Besonders schlimm sind dabei Bluthochdruck, eine Senkung des schützenden HDL-Cholesterins und eine Steigerung des schädlichen LDL-Cholesterins und der Triglyzeride. Zu allem Übel haben diese Botenstoffe bei Herrn S. auch noch dazu geführt, dass er zuckerkrank ist.
Medizinische Erklärung
Diese beschriebenen Symptome zusammen nennt man metabolisches Syndrom. Ärzte fürchten diesen Zustand, weil er zur Verengung und Zerstörung von Blutgefäßen im ganzen Körper führt. Meist beginnt dies mit den feinen, nur 1-2 mm dicken Blutgefäßen im Penis, die für die Erektion zuständig sind. Als nächstes folgen dann oft die Blutgefäße des Herzens und des Gehirns, mit den bekannten und gefürchteten Folgen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall. Um diese Folgen abzuwenden, erhielt Herr S. Medikamente gegen den Bluthochdruck, die hohen Cholesterinwerte und den hohen Blutzucker.
So lebenswichtig diese Medikamente in seinem Falle auch sind - sie können leider dazu beitragen, die Erektionsfähigkeit noch zusätzlich zu schwächen. Um diese Nebenwirkungen aufzufangen, erhielt der Patient damals ein Potenzmittel verschrieben, das anfangs auch gut half. Mit der Zeit bemerkte er, dass er die Dosis erhöhen musste, damit sein Penis überhaupt noch steif werden konnte und mittlerweile half nicht einmal mehr die höchste Dosis.
Ärztliche Abklärung
Da Herr S. die zwei Stockwerke nicht mehr ohne große Anstrengung schaffte, ließ ich ihn von einem Herzspezialisten abklären, da ich befürchten musste, dass auch schon seine Herzkranzgefäße durch das metabolische Syndrom angegriffen waren. Ich wollte verhindern, dass er durch einen Herzinfarkt gefährdet ist.
Lösungsansätze
In Absprache mit dem Kardiologen begannen wir dann ein Programm zu erstellen, mit dem die Hauptursache der Erektionsstörung und der Folgeerkrankung beseitigt und die Blutgefäße und damit die Erektionsfähigkeit nicht weiter zerstört werden sollten. Neben der Einnahme von Medikamenten waren dabei vor allem die Reduktion des Gewichtes und der vorsichtige Beginn eines Körpertrainings besonders wichtig.
Für das Erreichen der Erektionsfähigkeit mussten wir von den Potenztabletten auf die Potenzspritze umsteigen. Diese Spritze wird direkt in den Penis verabreicht. Zuerst schreckte Herr S. der Gedanke, sich eine Spritze in den Penis zu setzen, aber die leichte Handhabung der Spritze mit der sehr feinen Nadel überzeugte ihn schnell. Über die Wirkung war der Patient außerordentlich überrascht: Mühelos konnte er eine ausreichend harte und ausdauernde Erektion erreichen. Das verlieh im auch wieder Sicherheit und Selbstvertrauen im Umgang mit seiner Partnerin.
Beim nächsten Besuch konnte Herr S. stolz berichten, dass er schon einige Kilos abgenommen hatte und wie leicht er sich fühlte. Das half ihm, weiter diszipliniert auf seinen neuen Lebensstil zu achten, zumal ihm bewusst war, dass die sonst noch verleibenden Hilfsmittel zum Erreichen einer Erektion, wie z.B. eine Vakuumpumpe, wesentlich störender und umständlicher sind.
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